Nur nachts: Zwischen funkelndem Zynismus und flachen Gags

Sybille Berg hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen als bitterböse Beobachterin von Beziehungsneurosen und schönen, neuen Arbeitswelten gemacht. Ihre Kolumnen und Theaterstücke legen mit treffsicheren Pointen den Kern der Malaise frei.

So auch in ihrem neuen Stück „Nur nachts“, das die traurige
Verzweiflung der beiden Mitt-Vierziger Peter und Petra zeigt. Mit ähnlich geringem Marktwert, voller Bindungsängste und von der Midlife-Crisis geplagt treffen sich die beiden grauen Mäuse (gespielt von Judith Hofmann und Peter Moltzen) eines Abends. Mit Gesichtern, denen die Unzufriedenheit mit ihrem Leben eingeschrieben ist, und altbackenen Kleidern quälen sich beide Figuren tagelang mit ihren Ängsten.

„Du hast die Wahl romantisch zu sein und zu leiden oder
Romantik zu vergessen und glücklich zu sein“ schrieb Sibylle Berg im Programmheft. In diesem Dilemma ringen die beiden Figuren mit sich und den Gespenstern ihrer Albträume. Der Regisseur Rafael Sanchez lässt eine wilde Bande von Geistern auftreten: Mal im Gleichschritt marschierend, mal hopsend
taucht die Truppe auf der Bühne auf, angeführt von Christoph Franken und Natali Seelig.

Zum Missfallen einiger Zuschauer kippt der bittere Ernst der
Sybille Berg immer wieder in trashigen Humor: Eine Hand wird abgesägt, Christoph Franken lässt sich als Baby auf der Bühne wickeln. Die Konsequenz: Nicht nur auf der Bühne kriselt es in den Beziehungen, auch ein Paar im Publikum streitet vernehmlich. Er meckert vor sich hin: „O Gott, ist das alles flach“, sie versucht, ihn zu besänftigen. Bis er sich dann zur Hälfte des Stücks durch die Reihen der Kammerspiele des Deutschen Theaters zur Garderobe kämpft.

Es hätte dem Stück besser getan, sich ganz auf den funkelnden
Zynismus der Berg-Dialoge zu konzentrieren und ihn nicht mit einer Soße aus schalen Gags und Regieeinfällen zu überdecken. In gedämpfter Stimmung drängt sich das Publikum nach knapp zwei Stunden durch den engen Ausgang. Zwei Frauen
mittleren Alters sind sich einig: Gut, dass der XY nicht dabei gewesen sei. Für den wäre das zu bitter gewesen.

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