Words of witness: sehenswerte Dokumentation aus Kairo

Der Schwerpunkt der aktuellen Dokumentarfilmreihe 2012 liegt auf dem Arabischen Frühling. Besonders gut wird die Euphorie nach Mubaraks Sturz, aber auch die große Unsicherheit im schwierigen Transitionsprozess in Words of witness eingefangen.

Die US-Dokumentarfilmerin Mai Iskander heftete sich an die Fersen von Heba Afify, die mit dem frischen Blick einer Anfang Zwanzigjährigen in der Online-Redaktion einer unabhängigen Kairoer Tageszeitung arbeitet: Nach den ersten Jubelbildern vom Tahrir-Platz wird schnell die Skepsis als Grundton des Films spürbar. Afify recherchiert nach den zahlreichen Vermissten, recherchiert in den Akten der staatlichen Sicherheitsorgane und wagt sich in die aufgeladene Stimmung in einem Vorort, wo Konflikte zwischen Christen und Muslimen aufflammen.

Eine wichtige Rolle in der Dokumentation hat Afifyas verschleierte Mutter, die Sympathien für die Revolution hat, ihrer Tochter am liebsten verbieten würde, abends gefährliche Recherchen zu starten: Immer wieder streiten sie, am Ende siegt aber doch die journalistische Neugier der Tochter. Für Heiterkeit sorgt, wie sie ihre Mutter bei den ersten Gehversuchen auf Facebook und Twitter, den Leitmedien der Revolte, begleitet.

Words of witness ist vor allem empfehlenswert, da er nüchtern die doppelbödige Rolle des ägyptischen Militärs beleuchtet: Vor genau einem Jahr stellte sich das Militär eindeutig auf die Seite der Demonstranten und übernahm die Übergangsregierung. Der Film zeigt deutlich, wie seitdem um die Macht gerungen wird. Das Militär schob den Termin für freie Wahlen zunächst hinaus und musste sich vor allem den Vorwurf gefallen lassen, das alte System stabilisieren zu wollen und die Konflikte zwischen den verschiedenen Strömungen und Parteien gezielt zu schüren.

Gerade in diesen Tagen spitzt sich die Auseinandersetzung wieder zu, nach wie vor ist offen, wie das demokratische Experiment ausgeht. Trotz aller Skepsis und Rückschläge ist aus Heba Afifys Worten aber viel Optimismus zu spüren. Sie wird auf Facebook, Twitter und in ihrem Blog am Ball bleiben und auch über die Präsidentschaftswahl im Juni berichten.

Zur Premiere des Films war sie gemeinsam mit ihrer Mutter angereist, diesmal ganz ohne Konflikt.

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