„Citizenfour“: Sehenswerte Doku über Edward Snowdens NSA-Enthüllungen

Die Dokumentation Citizenfour von Laura Poitras, eine Koproduktion mit Steven Soderbergh, HBO, NDR und BR, ist Pflichtprogramm für alle politisch interessierten Kinogänger.

Die US-amerikanische Regisseurin Laura Poitras, die mittlerweile in Berlin lebt, hat sich mit zwei kritisch-fundierten Dokumentationen über die Administration von George W. Bush, die im Panorama der Berlinale liefen, einen Namen gemacht: My country, my country reflektierte 2007 das Irakkriegs-Desaster, The Oath beleuchtete 2010 das Schicksal von Guantánamo-Häftlingen. Deshalb war Poitras im Dezember 2012 neben dem investigativen Guardian-Journalisten Glenn Greenwald erste Ansprechpartnerin für Edward Snowden, als er über das Ausmaß der Überwachungsprogramme der US-Geheimdienste so empört war, dass er die Weltöffentlichkeit darüber informieren wollte.

In den ersten Einstellungen von Citizenfour filmt Poitras die verschlüsselten Emails ab, die ihr Snowden unter einem Pseudonym zugeschickt hat. Der Film schildert in den nächsten knapp zwei Stunden die Diskussion zwischen Snowden und seinen engsten Verbündeten und Anwälten. Vieles davon ist mittlerweile aus zahlreichen Veröffentlichungen bekannt. Die Stärke des Films ist, dass er die Abläufe komprimiert und verständlich darstellt und die Zuschauer vor allem an der spannungsgeladenen Atmosphäre bei den letzten Besprechungen vor den Guardian-Veröffentlichungen im Juni 2013 teilhaben lässt.

Es ist hoch interessant, die Ruhe und das Reflexionsniveau zu erleben, mit der die Akteure damals ihre Schritte durchsprachen, wohlwissend dass eine Verhaftung unmittelbar bevorstehen könnte.

Die visuell stärksten Passagen dieses ästhetisch ansonsten sehr konventionellen Werks sind die Schlussminuten: Die Kamera war dabei, als Glenn Greenwald Edward Snowden in seinem Moskauer Exil mit handschriftlichen Notizen über bevorstehende Enthüllungen eines weiteren Whistleblowers informierte. Greenwald und Snowden zerreißen die Notizen in kleine Schnipsel, die Kamera blendet ab. Das Publikum tappt im Dunkeln, um welche spektakulären Neuigkeiten es sich handeln könnte. Die Reaktionen von Snowden (seine Kommentare, wie gefährlich dies sei, sein erstauntes Auflachen und seine hochgezogenen Augenbrauen) lassen erwarten, dass die Welt bald über neue ungeheuerliche Nachrichten aus dem Innenleben der Geheimdienste diskutieren wird.

Citizenfour von Laura Poitras. – 114 Minuten. – Kinostart: 6. November 2014

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