Munteres Matinee-Gespräch von Ulrich Matthes und Gregor Gysi am Deutschen Theater

Ulrich Matthes kennen wir aus unzähligen Kino-, Theater- und Hörbuchproduktionen. Momentan ist er schon mitten in den Proben für Macbeth, der ab dem 19. März 2015 am Deutschen Theater Berlin zu sehen sein wird.

In der stets ausverkauften Matinee-Reihe Gregor Gysi trifft Zeitgenossen hatte das Publikum an diesem stürmischen Wochenende die Gelegenheit, andere Seiten des Schauspielers kennenzulernen. Die Veranstaltung begann unfreiwillig komisch mit einer Slapstick-Nummer Gregor Gysis, die jedem Boulevardtheater zur Ehre gereichen würde: Desorientiert suchte er seinen Gast hinter der falschen Tür des umgebauten Bühnenbildes. Nach diesen Anfangsschwierigkeiten entwickelte sich ein munteres, zweistündiges Gespräch im nachdenklichen Plauderton.

Ulrich Matthes wurde in eine Wilmersdorfer Bürgertum-Familie hineingeboren. Sein Vater distanzierte sich von seiner Nazi-Verstrickung und verteidigte jahrzehntelang liberale, demokratische Werte auf verantwortungsvollen Positionen beim Tagesspiegel. Obwohl er von Haus aus eher konservativ gesonnen war, verteidigte er Rudi Dutschke und die Studentenproteste der 68er in seinen Leitartikeln gegen die Springer-Blätter. Der jüngste Sohn war ein sehr lebendiges, extrovertiertes Kind: Matthes erinnerte sich daran, dass er sich ständig verkleidete, Stimmen parodierte und durch die Wohnung tobte, so dass er die übrigen Familienmitglieder oft gehörig nervte. Seine Mutter meldete das Energiebündel früh zu einem Film-Casting an, so dass Matthes sich als Kinderstar austoben konnte, bis die Eltern die Notbremse zogen, da sie fürchteten, dass es ihm allzusehr zu Kopf steige, dass sich in der Erwachsenenwelt von Film und Fernsehen ständig alles um den heranwachsenden Jungen drehte.

In der Pubertät prägten ihn während der hochpolitischen 70er Jahre der sozialdemokratische Reformeifer von Willy Brandt, dessen Partei Matthes bis heute die Treue hält, und die Lektüre des Tagebuchs der Anne Frank. Er entschied sich nach dem Abitur für einen längeren Kibbuz-Aufenthalt in Israel und ein Lehramtsstudium, fühlte sich aber an der FU Berlin weder im von marxistischen und maoistischen K-Gruppen durchsetzten Fachbereich Germanistik noch bei den Einstecktüchlein-Kommilitonen in der Anglistik wohl. Bei seinen Besuchen an der legendären Schaubühne von Peter Stein und am Schillertheater wuchs sein Wunsch, von der Theorie des Sekundärliteratur-Studiums zurück auf die Bühne zu kommen, so dass er sich an den damals sehr bekannten Schauspieler Martin Held wandte, der ihn an eine schon recht betagte private Schauspiel-Lehrerin, die u.a. Hildegard Knef entdeckt hatte, vermittelte.

Bei den ersten Versuchen, an Bühnen vorzusprechen, bekam Matthes einige Abfuhren. In Ulm wurde ihm vorgeworfen, dass er niemals zum Schauspieler tauge und lieber sein abgebrochenes Studium wiederaufnehmen solle. Am Schillertheater bekam er den Rat, sich erst mal in der „Provinz“ hochzudienen, so dass ihn sein erstes Engagement nach Krefeld führte. Über Stationen in Düsseldorf und München, wo er in sieben Jahren jedoch nie heimisch wurde, kehrte er nach Berlin zurück und begann eine spannungsreiche Zusammenarbeit mit Andrea Breth an der Schaubühne. Nach einigen Jahren als freier Schauspieler ist Ulrich Matthes seit etwas mehr als einem Jahrzehnt eine der Größen im Ensemble des Deutschen Theaters Berlin: Wer hat Angst vor Virginia Woolf? an der Seite von Corinna Harfouch in der Regie von Jürgen Gosch war einer seiner größten Erfolge. Sofern es die Theaterverpflichtungen zulassen, unternimmt Matthes auch immer wieder Ausflüge auf die Kinoleinwand. Seine Rollen als Goebbels in Der Untergang und als Priester in einem KZ in Volker Schlöndorffs Der neunte Tag wurden bei dieser Matinee besonders hervorgehoben.

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