Terror in Russland

„Die Gerechten / Das fahle Pferd“ von Albert Camus / Boris Sawinkow im bat-Studiotheater

Wenn die zehn Theatertreffen-Inszenierungen wie Stadionrock-Stars auf Tour eine Vorgruppe hätten, wäre klar, welches Stück vor Daniela Löffners russischer Turgenjew-Elegie „Väter und Söhne“ aufgeführt werden müsste.

Marcel Kohler spielt bei diesem Überraschungserfolg in den Kammerspielen des Deutschen Theaters eine der Hauptrollen als Arkadij Nikolajitsch Kirsanow. Kurz danach studierte er mit fünf Studenten aus dem 3. Studienjahr der HfS Ernst Busch (Lukas Gabriel, Roman Schomburg, Joshua Jaco Seelenbinder, Samuel Simon, Alexander Wanat) und ihrer Kommilitonin Luise Pöls den Abend „Die Gerechten / Das fahle Pferd“ von Albert Camus / Boris Sawinkow im bat-Studiotheater ein.

Die Stoffe sind nicht nur thematisch ähnlich, hier geht es ebenfalls um die politischen Umwälzungen im Zarenreich und anarchistische Ideen. Auch ästhetisch schwelgen beide Abende in einer elegischen Grundstimmung mit langen Kunstpausen. Wie am DT sitzt das Publikum in einem Rechteck um die Schauspieler auf der Bühne.

Auch wenn die bat-Studiotheater-Inszenierung vor allem in der ersten Hälfte von „Väter und Söhne“ inspiriert ist, handelt es sich natürlich nicht um ein Plagiat. Nach der Pause wird der Abend dynamischer. Nach den recht zähen Planungen des Attentats auf den Großfürsten und einer ausgiebigen Kunstschneeballschlacht während der Pause findet sich das Ensemble im Gefängnis wieder.

Die übrigen Häftlinge sind als Menschenknäuel zusammengeballt und stellen dem Attentäter neugierige Fragen zu seinen Motiven. Neben der Musikalität (Chorgesang christlicher und russischer Melodien, begleitet von Klarinette und Gitarre) hat der Abend nun auch komische Momente. Die Begriffsstutzigkeit der Gefangenen wird zum running gag. Das leitmotivisch wiederholte „Russland wird heilen. Russland wird wieder schön sein“ hallt als hoffnungsvoller Appell für eine bessere Zukunft nach Putins autoritärer Herrschaft beim Verlassen des Theaters nach.

Wer „Väter und Söhne“ liebt, wird auch „Die Gerechten/Das fahle Pferd“ mögen.

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Foto: Jan Hellerung

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