Neustart?

Bastian Krafts Inszenierung von Max Frischs „Biografie. Ein Spiel“ lief zum 50. Mal am Deutschen Theater

Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn ich mich in dieser Situation anders entschieden hätte? Wo stünde ich heute, wenn ich jene Abzweigung genommen hätte?

Diese Fragen hat sich wohl fast jeder schon oft gestellt. Hannes Kürmann, ein Professor für Verhaltensforschung, bekommt die Chance, Schlüsselmomente seiner Biografie noch einmal zu durchleben und Alternativen auszuprobieren.

Hans Löw spielt diesen Kürmann als etwas fahrigen, offensichtlich überforderten Mann, der von zwei Spielleitern geduldig an die Hand genommen wird: Maren Eggert und Helmut Mooshammer greifen in ihre Karteikarten-Box, machen ihm Vorschläge und ertragen seine Launen. Maren Eggert schlüpft außerdem auch in die Rolle der Antoinette Stein. So charmant wie Eggert diese Rolle anlegt, ist es schwer verständlich, warum sich Kürmann derart verbissen an seiner zweiten Ehefrau abarbeitet? Was ist an ihr so schrecklich, dass er geradezu zwanghaft immer wieder in die Situation einsteigt, als sie sich nachts bei einer Party in seiner Wohnung kennenlernten?

Das Ergebnis von Kürmanns Zeitreise in seine eigene Vergangenheit ist ernüchternd: wie er sich auch müht, am Ende kommen doch nur leichte Variationen des von ihm als verpfuscht empfundenen Lebens heraus. Krampfhaft sinniert er über andere Optionen, fällt aber doch immer wieder in denselben Trott zurück.

Die Leistung des Schauspieler-Trios Eggert, Löw, Mooshammer ist es, dass dieses Gedankenexperiment sowohl gut unterhält als auch zum weiteren Nachdenken anregt. Trotz der pessimistischen Botschaft, dass Kürmann am Ende doch fast nichts ändern kann, gelingt Bastian Kraft eine intelligente Komödie. So wollte auch Max Frisch sein Stück, das 1968 in Zürich uraufgeführt wurde, verstanden wissen.

Seit der Premiere am 21. April 2012 lief diese Inszenierung bereits 50 x in den Kammerspielen des Deutschen Theaters.

Das Bild zeigt Maren Eggert und Hans Löw. © Arno Declair

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