24 Wochen

Ein langgezogenes Seufzen und schwarze Leinwand: so beginnt Anne Zohra Berracheds Drama „24 Wochen“. Ein beklemmender Film, der wohl kaum jemand ganz kalt lässt.

Die Koproduktion mit der ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ schaffte es im Februar 2016 in den prestigeträchtigen Berlinale-Wettbewerb um den Goldenen Bären und startet nun auch in den Kinos.

Sehr detailliert zeichnet dieser Spielfilm mit fast schon dokumentarischer Präzision das Ringen eines Paares über folgende Frage nach: Abtreibung – Ja oder Nein? Bei einer Routine-Untersuchung wird das Down-Syndrom festgestellt, wenig später kommt auch noch ein schwerer Herzfehler hinzu, der komplizierte Operationen am Neugeborenen erforderlich machen würde.

Astrid und Markus sind hin- und hergerissen. Zunächst sind sie optimistisch, dass sie gemeinsam alle Herausforderungen durchstehen werden. Die Großmutter (gespielt von Johanna Gastdorf) ist  früh skeptisch, aber auch bei Astrid wachsen die Zweifel.

Die beiden Hauptdarsteller sind klug gegen die Erwartungen besetzt:

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Julia Jentsch spielt Astrid, eine Comedian der lauten Töne und flachen Witze der Marke Mario Barth. In Cameo-Auftritten spielen sich mehrere bekannte Größen der Kleinkunstszene selbst. Gerburg Jahnke, Sebastian Pufpaff oder Dieter Nuhr haben kurze Gastauftritte. Astrid, die toughe Frau mit der frechen Schnauze, zeigt nach und nacj ihre weicheren Seiten. Am Ende ist die Figur so reflektiert, zartfühlend und fast zerbrechlich, wie man Julia Jentsch aus vielen Rollen seit ihrem Durchbruch als Sophie Scholl kennt.

Ihr Filmpartner ist Bjarne Mädel: vom „Tatortreiniger“ bis zum Eifel-Krimi „Mord mit Aussicht“ nie um einen flotten Spruch verlegen, spielt er hier einen sehr zurückgenommenen Charakter. Markus ist zunächst der ruhende, nach Ausgleich strebende Pol in der Beziehung, der seiner Partnerin als Manager den Rücken freihält. Im Lauf des Films wird er herausgefordert, stärker eigene Position zu beziehen.

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„24 Wochen“ erspart seinem Publikum nichts – bis hin zur Kaliumchlorid-Spritze bei der Spätabtreibung im 7. Schwangerschaftsmonat. Von der Hebamme bis zu dem Ärzten spielen sich die medizinischen Fachleute alle selbst – meist mit deutlich sächselndem Zungenschlag.

Wie schon auf der Berlinale wurden auch jetzt zum Kinostart viele Taschentücher gezückt. Regisseurin Anne Zohra Berrached tat sich im ersten Drittel noch etwas schwer, den richtigen Zugriff auf ihr bedrückendes Thema zu finden, legt aber einen sekenswerten Film vor. Es ist lohnend, sich dieser harten, schwer verdaulichen Kino-Kost auszusetzen.

„24 Wochen“ startete am 22. September im Kino. Webseite und Trailer

Bilder: © Friede Clausz, Neue Visionen Filmverleih

 

 

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