Snowden

Um Edward Snowden ist es in der deutschen Öffentlichkeit etwas stiller geworden. Vor einer Woche war per Videoschalte bei einer Diskussion der Volksbühne zu erleben. Ansonsten sorgte das Schicksal des prominenten Whistleblowers in seinem russischen Exil schon länger nicht mehr für große Schlagzeilen. Die breite Öffentlichkeit hat sich anscheinend daran gewöhnt, dass unsere Daten von diversen Kraken (Facebook und Co. ebenso wie die Geheimdienste) gierig aufgesaugt werden und der sympathische, blasse Mann, der die Weltöffentlichkeit im Sommer 2013 aufzurütteln versuchte, irgendwo in Putins Reich an einem geheimen Ort lebt.

Deshalb entschied Oliver Stone, ein großes Biopic mit Promi-Besetzung fürs Mainstream-Kino zu drehen. Vor kurzem 70 Jahre alt geworden und kein bisschen leise, nicht nur im Zweifel, sondern dezidiert links: Mit dieser Haltung drehte Stone auch seinen „Snowden“-Film: genüsslich reibt er der konservativeren Hälfte der extrem polarisierten US-Gesellschaft unter die Nase, wie einer der ihren, der seinem Land als Soldat und Geheimdienstmitarbeiter diente und den Protesten gegen George W. Bushs völkerrechtswidrigen Irak-Krieg skeptisch gegenüberstand, in ihren Augen zum „Hochverräter“ und „Gottseibeiuns“ werden konnte.

Ursprünglich wollte Stone seinen Film bereits im vergangenen Winter mitten im Rennen um die Oscars 2016 platzieren. Nach Verzögerungen schaffte es „Snowden“ erst jetzt ins Kino.

Lohnt sich der Film?

Es gibt bereits eine sehenswerte Dokumentation, die aus erster Hand über Snowden berichtet: Laura Poitras, die ihn gemeinsam mit Glenn Greenwald im Juni 2013 in Hongkong traf und ihm dabei half, seine Botschaften an die Medien zu bringen, brachte bereits im November 2014 ihren Film „Citizenfour“ heraus. Dieser Film schafft es, die komplexe Materie der Überwachungsprogramme klar und verständlich aufzubereiten und vermittelt auch die Hochspannung und den Druck, unter dem alle Akteure vor Snowdens Abtauchen standen.

Oliver Stones „Snowden“ gelingt es nicht, während seiner überlangen Laufzeit von mehr als zwei Stunden den Spannungsbogen zu halten. Als Rahmenhandlung kehrt er immer wieder zu dem Treffen mit Poitras und Greenwald im Hotel in Hongkong zurück, dazwischen wird in Rückblenden ziemlich chronologisch Snowdens Entwicklung nachgezeichnet.

Dem Film ist zugute zu halten, dass er nah an der Wahrheit bleibt, wie ein Faktencheck von SPON ergab. Der Plot wird jedoch leider so schleppend erzählt, dass er gerade bei einem Mainstream-Publikum nicht gut ankommen dürfte. Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt spielt Edward Snowden zwar täuschend echt, bleibt aber insgesamt erstaunlich blass.

Highlights des Films sind ein paar Aha-Momente, in denen der Whistleblower nach und nach merkt, wie gravierend das Ausmaß der Überwachung ist, so z.B. als ihm ein Kollege (glänzend gespielt von Ben Schnetzer) vorführt, wie leicht unsere Privatsphäre durch die Webcam ausspioniert werden kann. snowden_szenenbilder_02-300dpi

Eine zweite eindrucksvolle Schauspieler-Leistung bietet Rhys Ifans als diabolischer Geheimdienst-Führungs-Offizier und anfänglicher Mentor Snowdens.

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„Snowden“ startete am 22. September 2016 im Kino. Webseite und Trailer

Bilder: Universum Film GmbH

 

 

 

 

 

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