Around the world in 14 films 2016 Teil I

Zum 11. Mal präsentiert „Around the world in 14 films“ (unter Schirmherrschaft des Auswärtigen Amtes und mit arte als einem der Hauptsponsoren) eine Woche lang die Highlights der internationalen Festivals: viele Werke schaffen es gar nicht in die deutschen Kinos und sind höchstens auf DVD zugänglich, andere Filme laufen hier exklusiv vor dem Kinostart.

Aus der ursprüngliche Idee, die 14 besten Filme zu zeigen, wurden mittlerweile 23 Werke, die zum Teil leider parallel laufen oder nur einmal gezeigt werden.

Eröffnungsfilm: „The Death of Louis XIV.“

Zur Eröffnung gingen Festival-Direktor Bernhard Karl und sein Team ein Risiko ein: der katalanische Regisseur Albert Serra ist für seine minimalistischen Werke bekannt. Das Kino Arsenal beschrieb seine Filmsprache anlässlich einer Werkschau sehr präzise: „Die Plots der literarischen Vorlagen sind nebensächlich, seine handlungsarmen, weitgehend improvisierten Filme mit ihren langen Einstellungen bestechen vielmehr durch Atmosphäre, Aufmerksamkeit für Details und einem Sinn für das Absurde.“ Mit spitzbübischem Grinsen erzählte der Regisseur im Gespräch mit seiner Filmpatin, der Sängerin, Theater- und Filmschauspielerin Meret Becker, dass er es genießt, wenn seine Filme polarisieren und die Hälfte des Publikums früher rausgeht.

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Ursprünglich sollte „The Death of Louis XIV.“ eine performative Installation im Pariser Centre Pompidou werden. 15 Tage lang wollte Serra dem Museums-Publikum das Sterben des Sonnenkönigs vorführen. Als sich die Idee doch nicht realisieren ließ, machte der Regisseur einen Film daraus, der bei einer Sondervorführung des Festival in Cannes seine Weltpremiere hatte. Hauptdarsteller Jean-Pierre Léaud, neben Anna Karina DAS Gesicht der Nouvelle Vague, wurde bei diesem Anlass mit einer Goldenen Palme für sein Lebenswerk geehrt, außerdem wurde der Film mit dem Prix Jean Vigo für besonders originelle Experimente ausgezeichnet. Bevor er nach Berlin kam, lief „The Death of Louis XIV.“ u.a. auf den Festivals in Toronto, New York und Jerusalem, wo er zwei der Hauptpreise erhielt.

Serras aktueller Film ist zwar sein zugänglichster, aber immer noch weit vom Mainstream-Kino und auch von den Sehgewohnheiten des Arthaus-Kinos entfernt. Knapp zwei Stunden lang folgt die Kamera dem Dahinsiechen des Sonnenkönigs in den abgedunkelten Räumen von Versailles. Die Hofschranzen und zunehmend ratlosen Ärzte stehen um sein Bett herum, während der König immer hinfälliger wird.

Die Präsenz der französischen Schauspiel-Ikone und die ruhige Kameraführung schaffen zwar Momente einer dichten Atmosphäre, auf die Dauer ist dieses Kunstfilm-Experiment aber doch etwas langweilig.

Bild: Jean-Pierre Léaud als legendärer Sonnenkönig Louis XIV“ © Rosa Filmes

„Divines“ (Frankreich)

Ein erstes Highlight des Festivals ist „Divines“, der Debütfilm von Houda Benyamina. Ein Name, den man sich merken sollte!

Sie erzählt von der Pubertät der beiden Freundinnen Dounia (Oulaya Amara) und Maimouna (Deborah Lukumuena) in einer französischen Banlieue. Sie träumen von sozialer Anerkennung, Macht und Geld. Ihr großes Vorbild ist die Dealerin Rebecca (Jisca Kalvanda). Es nötigt ihnen großen Respekt ab, wie sie mit effizienter Brutalität die Fäden zwischen den Hochhäusern der Trabantenstadt zieht und mit ihren Betthasen umspringt.

Mit viel Gespür für Rhythmus und einem abwechslungsreichen Soundtrack, der Rap, Hip-Hop und Klassik mixt, folgt Benyamina ihren Hauptdarstellerinnen: Wie sich die beiden Mädchen in der Gang-Hierarchie nach oben arbeiten, wie sie erste Aufträge ausführen und nah mehr gieren und wie Dounia mit dem tanzenden Supermarkt-Security-Mann Djigui (Kevin Mischel) flirtet. Der Trailer vermittelt einen ersten Eindruck von diesem energiegeladenen Drama.

„Divines“ ist ein Geheim-Tipp des Kinojahres und ein bemerkenswertes Debüt, dem es gelingt, seine verschiedenen Handlungsstänge im Griff zu behalten. Der Film hatte seine Premiere in der Reihe „Quinzaine des realisateurs“ des Festivals in Cannes im Mai 2016 und wurde mit der Goldenen Kamera für das Beste Debüt aus allen Sektionen des Festivals ausgezeichnet.

Netflix hat die Rechte für den deutschen Markt. Ein Kino-Starttermin ist noch nicht bekannt, wäre aber sehr verdient. In den französischen Kinos lief der Film bereits im August 2016.

Vorschau-Bild: Ausschnitt aus „Divines“ © Easy Tiger

„Neruda“ (Chile)

Die nächste Station der cineastischen Weltreise war Chile: Regisseur Pablo Larraín ist auf den internationalen Festivals bereits fest etabliert. Er wurde 2012 mit „No!“ bekannt: Gael García Bernal spielt darin einen Werbeprofi, der mit Pop-Motiven eine erfolgreiche Kampagne gegen den Diktator Augusto Pinochet organisierte. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten und war nach seiner Premiere bei der Quinzaine des realisateurs in Cannes einer der Höhepunkte der „Around the world in 14 films“-Ausgabe des Jahres 2012.

2015 gewann Larraín den Großen Preis der Berlinale-Jury für sein düsteres Werk „El Club“, eine Reise in ein abgelegenes Dorf, in dem die katholische Kirche ihre Priester, die sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht haben, vor weiteren Nachforschungen abschottet.

Sein Film „Neruda“ taucht wieder in die Geschichte Chiles ein, wie schon bei „No!“ spielt der mexikanische Star Gael García Bernal wieder eine der Hauptrollen. Dieses Werk, das ebenfalls in der „Quinzaine des realisateurs“ in Cannes 2016 Premiere hatte und von Chile ins Rennen um den Auslands-Oscar geschickt wird, kann leider nicht ganz mit dem Niveau von Larraíns beiden vorherigen Filmen mithalten.

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Der Regisseur macht sich einen Spaß daraus, mit den Erwartungen zu spielen, die er mit dem Titel weckt. „Neruda“ ist kein klassisches Biopic über den Literatur-Nobelpreisträger von 1971, auch wenn es so beginnt. Das Publikum erlebt die Zigarettenqualm-geschwängerte Atmosphäre der Hinterzimmer der Macht in Santiago zu Beginn des Kalten Krieges.

González Videla, der 1946 als Präsident ins Amt kam, stand treu an der Seite der USA und trieb die Kommunisten in den Untergrund. Pablo Neruda (gespielt von Luis Gnecco) war damals Senator der kommunistischen Partei und Liebling des linksliberalen Establishments seines Landes. Er fühlte sich wegen seiner parlamentarischen Immunität und seiner internationalen Kontakte zu Künstlern wie Picasso geschützt.

Larraín schildert, wie Neruda etwas widerwillig sein bisheriges Leben aufgibt und in wechselnde Verstecke abtaucht. Dort arbeitete er an seinem bedeutendsten Werk „Canto General“. Der Dichter fühlt sich aber auch sichtlich geschmeichelt, dass er so bedeutend ist, dass man sich die Mühe macht, ihn mit Plakat-Kampagnen als „Verräter“ anzuprangern und ihm die Polizei mit Haftbefehl auf die Fersen schickt.

Hier kommt Gael Garcías Bernal in der Rolle des Polizei-Präfekten ins Spiel: mit sonorer Erzählerstimme begleitet er den Film. Statt des Genre-üblichen Showdowns versinkt er als recht klägliche Figur im Schnee: Der Film parodiert das Genre einer Verfolgungsjagd.

„Neruda“ startet am 23. Februar 2017 in den deutschen Kinos (Piffl Medien)

Bild: Luis Gnecco in der Rolle des Pablo Neruda © Fabula

Weitere Informationen und Termine zum Festival

 

 

 

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