Heimat Reloaded

Mit einem großen, roten „H“ kommen die vier Akteure auf die Bühne. Sie lassen ein ganzes Sammelsurium von Begriffen, die mit diesem Buchstaben beginnen, auf das Publikum niederprasseln: von Heino bis Helmut und Hannelore, von Hegel bis Herdprämie, von Hoyerswerda bis Himmler.

Ähnlich assoziativ sprunghaft gehen auch die folgenden 80 Minuten von „Heimat Reloaded“ weiter: Bettina Grahs, Niels Heuser, Lajos Talamonti und Sven Walser wechseln sich darin ab, die Recherche- und Lesefrüchte rund um den umstrittenen Begriff „Heimat“ vorzutragen.

Von den berüchtigten „Heimatfilmen“ der 50er Jahre, mit denen es sich die junge Bundesrepublik nach Kriegstrümmern und Nazi-Gewaltherrschaft im Kinosessel gemütlich machte, geht es zu „Unsere Heimat“ der Pioniergruppe Ernst Thälmann.

Wie eine Biene, die von Blüte zu Blüte fliegt und mal hier, mal da Nektar saugt, hangelt sich der Abend durch sein Thema: Willy Brandts Gedanken zu einem verfassungspatriotischen Heimatbegriff aus seiner Regierungserklärung vom Januar 1973 stehen neben marxistischen Definitionen und einem Zitat aus „Lebensphilosophie als Zivilisationskritik“ von Ludwig Klages.

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Der „Aufruf zu einer Leit- und Rahmenkultur 2016“, den die CSU gemeinsam mit der sächsischen CDU verfasst hat, wird mit bayerischer Sprachfärbung vorgetragen, hin und wieder wird ein bisschen getanzt, Daniel Dorsch unterbricht die gesampelten Zitate mit seinen Elektro-Sounds. Theatralische Mittel werden nur sparsam eingesetzt.

Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura machten sich bei ihrem neuen Dokutheater-Abend einen Spaß daraus, Statements der Identitären Bewegung darunter zu mischen. Diese Gruppierung tritt sehr smart auf und bezeichnet sich im Stück als „patriotisches Greenpeace“. Die Gespräche der Zuschauer drehten sich anschließend vor allem um diese kurzen Szenen.

Die Idee, Statements der Identitären in eine Inszenierung einzubauen, wird anscheinend langsam zum Trend: Nuran David Calis spielte in seinem Kölner Stück „Glaubenskämpfer“ Videoaufnahmen von zwei jungen Frauen ein, die das Abendland im Krieg mit dem Islam sehen. Auch Stefan Kimmigs „Unterwerfung“-Adaption am Deutschen Theater Berlin spielte mit der Bildsprache und den Slogans der Identitären.

Ansonsten plätschert der Abend gefällig dahin und endet genauso abrupt wie „Space Oddity“ von David Bowie, das mittendrin abbricht. Zurück bleibt nur eine leere, schwarze Bühne.

„Heimat reloaded“ wurde am 10. Dezember 2016 im HAU 3 uraufgeführt. Weitere Informationen und Termine

Bilder: David Baltzer

 

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