Hostages

Der georgische Regisseur Rezo Gigineishvili (Jahrgang 1982) hatte laut Berlinale-Katalog schon einige Publikumserfolge in seiner Heimat und bei seinen russischen Nachbarn. Als Stoff für sein Debüt auf einem der großen internationalen Festivals wählte der Filmemacher ein Ereignis, das sich ein Jahr nach seiner Geburt zu Sowjetzeiten in Tiflis zutrug.

Sein Film „Hostages“ beginnt recht behäbig. Wir sehen eine Clique junger Bohémiens (Schauspieler und Maler) an einem Strand. Eine Hochzeit steht kurz bevor und die Indizien mehren sich, dass darüber hinaus noch etwas im Busch ist.

201719562_6

Für den Tag nach der Hochzeit planen die Freunde, einen Linienflug auf einer kaum frequentierten Inlandsstrecke zu kapern und sich über die nahe Grenze in die Türkei abzusetzen. Sobald die Gruppe das Flugzeug betritt und sich die Ereignisse verdichten, zeigt das Nachwuchs-Regietalent sein Können.

Ein packendes Drama nimmt seinen Lauf, da einige unerwartete Umstände den Fluchtplan erschweren. Als der Entführungsversuch vereitelt ist, schildert der Regisseur sehr präzise, mit welchen Methoden totalitäre Staaten gegen solche „Parasiten“ vorgehen, wie die Flüchtlinge hier explizit genannt werden. Der Film zeigt, wie sich die gleichgeschalteten Jugendorganisationen öffentlich mit inszenierter Abscheu vom Fluchtversuch ihrer Kommilitonen distanzieren und wie auch Angehörige in Sippenhaft genommen werden.

Eine Schwäche des Filmes ist, dass das Generationenporträt der jungen Erwachsenen, die sich 1983 in der bleiernen Breschnew-Ära nach (Reise)-Freiheit sehnten, in der zähen ersten Hälfte zu blass bleibt. Es ist armselig, wie penetrant Freiheit in diesen Einstellungen auf Westzigaretten reduziert wird, und das Product Placement für namentlich genannte, einschlägig bekannte Marken ist geradezu peinlich. Meinungs- und Versammlungsfreiheit und die Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben jenseits der vorgegebenen Parteilinie kommen hier zu kurz. Der Anfang bleibt zu eindimensional, erst im Lauf des Films entwickelt „Hostages“ seine Stärke, die ihn zu einem sehenswerten Festival-Beitrag macht.

Bilder: Berlinale

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert