Toter Hund in der chemischen Reinigung

Eine linear erzählte Geschichte wird man bei Angélica Liddell vergeblich suchen. Assoziativ hingeworfene Brocken prägen auch ihr neues Stück mit dem kryptischen Titel „Toter Hund in der chemischen Reinigung: Die Starken“, das sie zum Auftakt des „FIND“-Festivals an der Berliner Schaubühne selbst inszenierte.

Ein „Scheiß-Schauspieler“ empört sich darüber, dass er noch weniger verdient als ein Hund und deshalb an diesem „Scheiß-Theater“ die tierische Hauptrolle übernehmen musste. Damir Avdic pöbelt sich durch den Abend, beschimpft auch das Publikum und fordert die Zuschauer nachdrücklich auf, doch am besten eine kurze Spiel-Pause zur Hälfte des Stücks zu nutzen und den Saal zu verlassen, wenn es ihnen nicht gefällt. Von dem Angebot machen auch recht viele Zuschauer Gebrauch und verlassen motzend das Theater.

Neben dem Hund bevölkern weitere schräge Existenzen. die sich mehr schlecht als recht durch ihr Leben schlagen, die Bühne, auf deren Rückseite in großen Lettern „Chemische Reinigung“ prangt. Die Prostituierte Getsemani (Iris Becher), der Reinigungschef Octavio (Ulrich Hoppe), der neurotische Museumswächter Lazar (Lukas Turtur) oder die pädophile Lehrerin Hadewijch (Veronika Bachfischer) werden vom Zeremonienmeister Combeferre (Renato Schuch) angeleitet, Szenen aus ihrem Leben nachzuspielen.

TOTER HUND IN DER CHEMISCHEN REINIGUNG

Außerdem kontrastiert Liddell das bildungsbürgerliche Erbe Europas (die Aufklärung Diderots, den Gesellschaftsvertrag Rousseaus, die Barockmusik Rameaus) mit einer Dystopie eines abgeschotteten Kontinents, der alle Flüchtlinge erfolgreich ausgesperrt, die Kriminalität eliminiert hat und zum Hochsicherheitsgefängnis erstarrt ist.

Diese einzelnen Teile des mit fast drei Stunden zu langen, sehr holprigen Abends ergeben jedoch kein schlüssiges Ganzes. Die Berliner Zeitung stellte zurecht fest, dass Liddells erste Inszenieriung mit einem deutschen Ensemble unfreiwillig komisch wirkt und vor allem in der zweiten Hälfte in „in Zitaten-Zierart und Wortschwall“ versandet.

„Toter Hund in der chemischen Reinigung: Die Starken“ hatte am 30. März 2017 an der Schaubühne Premiere. Weitere Informationen und Termine

Bilder: Gianmarco Bresadola

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