Der Ornithologe

Von Kritikern hymnisch gefeiert startete „Der Ornithologe“ von João Pedro Rodrigues in ausgewählten Programmkinos. Der fünfte Film des portugiesischen Regisseurs ist das krasse Gegenteil eines Mainstream-Films.

„Der Ornithologe“ beginnt noch relativ konventionell. Die Kamera folgt Fernando auf einer Kanufahrt durch die Wildnis. Wie auch der Regisseur ist die Hauptfigur (gespielt von Schauspieler und Model Paul Hamy) ein Vogelkundler, der seltenen Gattungen auf der Spur ist. Die Exposition glänzt mit eindrucksvollen Naturaufnahmen und spielt mit den Blickwinkeln: teilweise ist der Hauptdarsteller aus der Vogelperspektive zu sehen. Der Beobachter wird zum Beobachteten.

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Als das Kanu kentert, ändert sich auch der Erzählstil komplett. Wir folgen dem Protagonisten auf einen surrealen Trip, der zwar mit einem Happy-End mit seinem Traumpartner ähnelt, bis dahin aber immer skurrilere Begegnungen bereithält: lesbische, chinesisches Pilgerinnen, die vom Jakobsweg abgekommen sind, fesseln ihn in einem Bondage-Ritual und bereiten ihn zur Kastration vor. Er begegnet dem taubstummen Jesus (Xelo Cagaio), mit dem er ausgiebige Sexszenen und einen blutigen Todeskampf erlebt. Bevor er sich in den portugiesischen Nationalheiligen Antonius verwandelt, kreuzen noch Amazonen und maskierte Tänzer, die ein Wildschwein schlachten, seinen Weg.

„Der Ornithologe“ ist ein typischer Festivalfilm, der 2016 auf der Piazza von Locarno mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet wurde. Mit seinen Anspielungen auf biblische, film- und kunstgeschichtliche Motive und autobiographische Erlebnisse des Regisseurs ist er von vornherein auf ein Nischenpublikum fokussiert und macht gar nicht erst den Versuch, ein breiteres Publikum abzuholen.

Bilder: Salzgeber & Co. Medien GmbH

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