Bilder deiner großen Liebe

Den Roten Salon hätte man heute Abend sicher mehrfach ausverkaufen können. Die Glücklichen, die eine Karte ergatterten, erlebten eine Sandra Hüller in beeindruckender Wandlungsfähigkeit.

Ist das noch Theater? Oder doch eher ein Rockkonzert? Es passt jedenfalls gut in das erklärte Konzept von Chris Dercon und Marietta Piepenbrock, die Grenzen zwischen den Kunstgattungen auszuloten und mit den Formen zu experimentieren. „Bilder einer Liebe“, Tom Schneiders eigenwillige Adaption von Wolfgang Herrndorfs Romanfragment, ist als Gastspiel des Theaters Neumarkt aus Zürich der bisher überzeugendste Abend der noch jungen, aber bekanntlich extrem umstrittenen Volksbühnen-Intendanz.

Sandra Hüller spielt mit den Extremen: Flüstern und Schreien. Um diese Gegensätze kreist die Volksbühne schon seit dem ersten Facebook-Statement des neuen Teams. Fast völlige Dunkelheit und gleißendes, das Publikum blendende Scheinwerfer. Damit experimentierte auch die Eröffnungs-Performance Beckett/Sehgal. Zarte, hingehauchte, poetische Sätze und vulgärste Gossensprache. Von diesem ständigen Wechsel und der eindrucksvollen Präsenz der Hauptdarstellerin lebt dieser 75 Minuten kurze Abend.

Isa, die geheimnisvollste Figur aus Herrndorfs Überraschungs-Bestseller „Tschick“, bleibt auch in dieser unvollendeten Fortsetzung schwer zu greifen. Ganz zum Schluss holt Sandra Hüller ihre beiden Musiker (Moritz Bossmann an der E-Gitarre und den Schlagzeuger Sandro Tajouri) nach vorne und spielt mit ihnen den berühmten Dialog aus „Tschick“ nach, bei dem sich die Drei versprechen, sich in genau 50 Jahren hier wieder zu treffen.

Bild: Niklaus Stauss

 

 

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