Aus dem Nichts

Sie reißt ihre Augen weit auf, wälzt sich schmerzverzerrt am Boden und qualmt sich mit trauerumflortem Blick durch die 106 Minuten. Diane Kruger ist das Zentrum des NSU-Rachedramas „Aus dem Nichts“, das Fatih Akin gemeinsam mit seinem Co-Autor Hark Bohm schrieb. Leider tappt der niedersächsische Hollywood-Export in dieser eigenwilligen Mischung aus Melodram und Politthriller vor allem in der ersten Hälfte zu oft in die Fettnäpfchen des Overactings. Der Jury in Cannes war ihr Auftritt dennoch – oder gerade deswegen? – eine Silberne Palme für die beste Schauspielerin wert.

Dass der Film dennoch sehenswert ist, liegt an dem Gerichtsduell zwischen dem Anwalt der Nebenklage (Denis Moschitto) und dem Verteidiger (Johannes Krisch). Die beiden kreuzen im Mittelteil des Films die Klingen. Mit seiner österreichischen Sprachfärbung wurde Krisch bewusst als schillernder Gegenpol zum restlichen hanseatischen Ensemble besetzt. Mit seinen diabolischen Sticheleien und kasuistischen Finten sorgt er dafür, dass das Neonazi-Pärchen, das Katjas Mann und Sohn bei einem Nagelbombenattentat ermordet hat, wegen Zweifeln an ihrer Schuld schließlich freigesprochen werden muss.

Standfoto "Aus Dem Nichts"

Das Finale ist als konsequenter Selbstjustiz-Trip erzählt, bei dem Katja (Diane Kruger) wie vom Auto-Pilot gesteuert quer durch die griechische Landschaft pflügt und die Täter nach dem alttestamentarischen Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ mit ihren eigenen Waffen schlägt und mit in den Tod reißt. Mit dem melancholischen „I know places“ von Lykke Li und einem Blick auf die Ägäis endet dieses Drama, das ganz offensichtlich von der Wut auf die ebenso offensichtlich bis heute völlig unzureichende Aufklärung der vielen Rätsel hinter der NSU-Mordserie getrieben ist.

Bilder: Aus_Dem_Nichts_bombero int_WarnerBros_Ent_©2016bomberoint._WarnerBros.Ent

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