König Ubu/Ubus Prozess

Alfred Jarry hätte an dieser Leipziger „König Ubu/Ubus Prozess“-Inszenierung vermutlich seine helle Freude gehabt. Das Ensemble um Roman Kanonik (u.a. im Monbijou-Sommertheater geschult) als König Ubu und Julia Preuß als seine Frau brettert mit Vollgas in den Fäkalhumor und die derbe, schrille Komik, mit der Jarry 1896 sein Pubklikum schockte.

Grell überzeichnet und mit Monty Python-artigen Verrenkungen erzählen sie die Geschichte des Paares, das sich von „pubertären Kasperlefiguren“ zu blutrünstigen Despoten wandelt, wie es im Programmheft treffend zusammengefasst ist.

König Ubu / Ubus Prozess

König Ubu / Ubus Prozess von Alfred Jarry / Simon Stephens Deutsch von Marlis und Paul Pförtner / Barbara Christ Regie: Claudia Bauer Regie: Claudia Bauer Bühne: Andreas Auerbach Kostüme: Vanessa Rust Musikalische Leitung: Daniel Barke Sounddesign: Rafael Klitzing Video: Katharina Merten, Kai Schadeberg Dramaturgie: Matthias Huber Licht: Veit-Rüdiger Griess Foto: Rolf Arnold Auf dem Bild: Roman Kanonik, Wenzel Banneyer und Ensemble Honorarfrei

Im Rausch der Masken, des Slapsticks, der Tortenwürfe und Livemusik gehen leider die subtilen Zwischentöne verloren, die András Dömötör in seiner DT-Inszenierung besser herauskitzeln konnte, die inzwischen von der Box in die Kammerspiele gewandert ist.

Der Abend schleppt sich recht banal dahin, bis Hausregisseurin Claudia Bauer bei der „Ubus Prozess“-Fortschreibung des britischen Dramatikers Simon Stephens (2012) ankommt. Er dichtete die Jarry-Groteske weiter und zog den Ubu vor einem internationalen Gerichtshof für seine Verbrechen zur Rechenschaft.

Hier hätte der Abend noch richtig interessant werden können, als Kanonik im Glaskasten, den Andreas Auerbach auf die Bühne stellte, zu einer selbstgefälligen „Ich liebe doch alle Menschen“-Verteidigungsrede im Stil von Erich Mielke ansetzte. Dieser Schluss wirkte aber zu angeklebt.

Bilder: Rolf Arnold

One thought on “König Ubu/Ubus Prozess

  1. Robert Schleif Reply

    Zur Ubu-Aufführung im Leipziger Schauspielhaus am 24. Februar 2018:

    Was mich an Jarrys Stück immer schon faszinierte, ist, wie er die Macht in ihrer nackten Primitivität samt den niedrigen Beweggründen für ihre Ergreifung darstellte („Ich will reich werden!“).
    Diese schonungslose Darstellung der Banalität des Schlechten sollte jeden Kinderglauben an die edlen Motive der Regierenden gründlich in Frage stellen.
    So etwas braucht in der künstlerischen Umsetzung nicht noch mehr groteske Überhöhung und keinen Klamauk, sondern holzschnittartige Schlichte!
    In Frau Bauers Inszenierung konkurriert die furiose Darstellung jedoch permanent mit jener der Geschichte innewohnenden Absurdität und überlagert sie teilweise. Bei aller Anerkennung der schauspielerischen Leistungen und der Phantasie bei Inszenierung und Bühnenbild – sie unterstützen die Aussagen nicht, sondern lenken vom schlichten Kern des Stückes ab und nerven!
    Der „Ubu Prozess“ vor einem fiktiven Internationalen Strafgerichtshof zeigt mir, dass Stephens Jarrys Stück samt den Figuren gar nicht verstanden hat! Herrn Ubu ging es EBEN NICHT um die vorsätzliche Ausführung eines bestimmten Großverbrechens. Er ist kein Ideologe, Idealist oder schillernder Bösewicht, sondern nur ein viehischer Primitivling. Ihn mit Pol Pot oder Karadžić zu vergleichen, ist ärgerlicher wohlfeiler intellektueller Blödsinn.

    Robert Schleif

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