Ein bedauernswerter Tropf ist dieser Oscar Restrepo (gespielt vom Lehrer und Laien-Darsteller Ubeimar Ríos). Seine Jugend hat er hinter sich, der ersehnte Durchbruch als Schriftsteller bleibt aus. In der Midlife-Crisis fällt die Bilanz bitter aus: er fühlt sich gescheitert und sein Umfeld bestätigt ihm bei jeder Gelegenheit, dass sie das genauso sein.
Letzter Strohhalm ist, dass er sich als Mentor einer Nachwuchs-Schriftstellerin aus seinem Kurs profilieren möchte. Aber auch das geht nach hinten los, da er sich zu ungeschickt anstellt und sein Verhalten als übergriffig gewertet wird.
„Un poeta/ A poet“ ist der zweite Spielfilm von Simón Mesa Soto und kommt leider nicht über ein ziemlich uninteressantes Porträt einer tragikomischen Figur hinaus, die durch Medellín und ihr tristes Leben stolpert. Die ehrliche Begeisterung von Louis Hofmann, der als Pate bei der gestrigen Around he World in 14 films-Vorstellung in der Kulturbrauerei auftrat, konnte ich nicht teilen.
Überraschend schnitt „A Poet“ auch auf den Festivals gut ab: bei der Premiere in der Sektion Un certain regard gewann er den Preis der Jury, also die zweitwichtigste Auszeichung neben dem Hauptpreis für „Der geheimnisvolle Blick des Flamingos“. Es folgten der CineCoPro-Hauptpreis des Filmfests München und der Horizontes Latinos Award in San Sebastian, außerdem reichte ihn Kolumbien für die Oscar-Verleihung des besten fremdsprachigen Films ein.
Der jip Verleih hat den Kinostart von „A Poet“ für 12. März 2026 angekündigt.
Bild: jip Film