La Haine – Hass

Mit voller Wucht schlug „La Haine“ in Cannes 1995 ein. Der damals 28 Jahre junge Regisseur Mathieu Kassovitz schilderte einen Tag in der Gewaltspirale der Pariser Banlieues: schnelle Schnitte, harte Sprache voller Kraftausdrücken unterlegt mit Rap, konfrontative Dialoge, alles in strengem Schwarz-Weiß gefilmt. Er gewann damals eine Silberne Palme für die beste Regie, es folgten drei Césars und der Europäische Filmpreis für den besten jungen Filmemacher.

Diese Wucht ist auch drei Jahrzehnte noch spürbar, vor allem in der zweiten Hälfte. Erzählweisen und Tempo haben sich mittlerweile sicher beschleunigt. Umso aufrüttelnder und eindringlicher muss das Drama damals Mitte der 1990er Jahre in einer europäischen Gesellschaft gewirkt haben, die sich nach dem Ende des Kalten Krieges in einer Phase dauerhaften Wohlstands und Friedens wähnte und die Balkankriege verdrängte.

Kassovitz zeigt anhand eines fiktiven Trios, aber inspiriert von realen Vorfällen, die Ausweglosigkeit in der Banlieue, wie sich die Spirale aus Hass auf und Schikanen durch die Polizei hochschaukelt. Wie ein unerbittlicher Countdown wird in Zwischeneinblendungen die Uhrzeit angezeigt bis zum tödlichen Showdown im Morgengrauen.

Ein Mann stürzt aus dem 50. Stock, nach jeder Etage denkt er sich: bis jetzt ist es noch gut gegangen. Diese Sequenz rahmt den Film am Anfang und Ende. Damals wollte Kassovitz aufrütteln, der Pariser Bourgeoisie zeigen, welche Probleme jenseits des Rings gären. Exemplarisch ist dafür eine Szene, in der das Trio Vinz, Hubert und Saïd eine Vernissage aufmischt. Bekanntlich haben sich die Probleme in den Banlieues in den 30 Jahren nicht verbessert, sondern zugespitzt und immer wieder gewaltsam in tage- und nächtelangem Aufruhr entladen.

„La Haine“ war nicht nur für Kassovitz der Durchbruch, sondern auch für Vincent Cassel. Er spielt Vinz, imitiert de Niros ikonische „Taxi Driver“-Szene vor dem Spiegel und wurde zu einem der gefragtesten Darsteller in französischen Actionfilmen und Thrillern, Ausflüge nach Hollywood zum Höhepunkt seiner Karriere in den 2000ern inklusive.

Am 6. August 2025 kam eine restaurierte 4K-Fassung von „La Haine“ in die deutschen Kinos.

Bilder: LES PRODUCTIONS LAZENNEC – LE STUDIO CANAL+ – LA SEPT CINEMA-KASSO Inc PRODUCTIONS.

 

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