proteus 2481

Locker hätte die Themenvielfalt von Thomas Köcks „proteus 2481“ für fünf lange Abende an den Münchner Kammerspielen gereicht. Kolonialismus, Inklusion und der Streit über verschiedene Theater-Ästhetiken sind drei der Handlungsstränge, die in diesen atemlosen 75 Minuten etwas mehr Raum bekommen. Mit Vollgas und in bunt-schillernden Kostümen (Faust-Nominierung für Martin Miotk) werden viele weitere Anliegen nur ganz kurz angetippt.

Weniger wäre an diesem Abend eindeutig mehr gewesen. Schon öfter ließ sich der österreichische Dramatiker von seiner Assoziations- und Fabulierlust wegtragen. Erst recht an diesem Abend, der im Dezember 2014 in der Therese Giehse-Halle der Kammerspiele Premiere hatte, bei dem er auch selbst Regie führt.

Interessant an dieser Revue ist, wie gleichberechtigt hier Akteure mit und ohne Behinderung agieren. Deshalb passt dieser Abend trotz aller dramaturgischen Mängel auch sehr gut zur Eröffnung des inkl. Festivals, das die Kulturstiftung des Bundes und das Deutsche Theater Berlin an diesem Wochenende ausrichten. Die beiden Chefinnen Katarzyna Wielga-Skolimowska und Iris Laufenberg erklärten in den Eröffnungsreden ihre Vision, dass Inklusionstheater zur Selbstverständlichkeit werden soll.

Dieses Anliegen löst Köcks Satyrspiel überraschend gut ein. Der „Blindgänger“-Chor der SWW (Südbayerische Wohn- und Werkstätten für Blinde und Sehbehinderte) ist kein bloßes Anhängsel, sondern auf Augenhöhe mit dem mexikanischen teatro bola de carne und dem Kammerspiele-Ensemble.

Dort, wo Katharina Bach ist, die nach dem Wechsel von Bernardo Arias Porras ans Volkstheater Wien seine Rolle übernommen hat, ist zwar immer das Zentrum der Theateraufführung. Aber Samuel Koch, seit dem Unfall vor Millionenpublium im Rollstuhl, bietet ihr Paroli und wirbelt trotz Handicap durch diesen kurzen, turbulenten Abend. 

Bilder: Maurice Kobel

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