Sinn und Sinnlichkeit

Aus einer anderen Kino-Ära stammt diese erlesene Roman-Adaption mit Star-Besetzung. Damals, in den 1990er Jahren, war es nicht ungewöhnlich, dass der Goldene Bär der Berlinale an einen Film ging, der auch als Top-Favorit um die Golden Globes und Oscars konkurriert. Seitdem die großen Hollywood-Studios ihre Oscar-würdigen Produktionen vorzugsweise in Venedig oder Toronto schon im Spätsommer starten, hat die Berlinale an Glamour verloren. 

Doch 1996 waren die Filmwelt und ihre Regularien noch eine andere. Ang Lee, der mit seiner taiwanesischen Produktion „Das Hochzeitsbankett“ den Goldenen Bären 1993 gewann und damit den Sprung nach Hollywood schaffte, präsentierte auf dem Roten Teppich sein Star-Ensemble mit Emma Thompson, Hugh Grant, Alan Rickman und der sehr jungen Kate Winslet vor Titanic-Blockbuster-Ruhm.

Die Historien-Kostüm-Film-RomCom orientiert sich sehr am gediegenen Stil der James Ivory-Produktionen der 1980er und frühen 1990er Jahre. Schwelgend in Landschaftsaufnahmen und Dekors taucht die „Sense and Sensibility“-Verfilmung in die Welt von Jane Austen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert ein und trug maßgeblich zur Wiederentdeckung dieser Schriftstellerin bei. Ihre Romane wurden in der jüngeren Vergangenheit sehr häufig fürs Kino oder Fernsehen verfilmt.

Selten allerdings mit so viel Erfolg und so hochkarätiger Besetzung. Hauptdarstellerin und Drehbuchautorin Emma Thompson gab dem Ensemble einen Ton feiner Ironie vor, der den Standesdünkel des Adels deutlich macht und am Schickal der beiden verarmten Dashwood-Schwestern (Thompson/Winslet) aufzeigt, welche Regeln damals auf dem Heiratsmarkt galten und die Selbstbestimmung der Frauen enorm einschränkten.

Neben dem Goldenen Bären in Berlin gewann „Sinn und Sinnlichkeit“ 1996 nach Nominierungen in sieben Kategorien den Oscar für das beste, von Thompson adaptierte Drehbuch sowie zwei Golden Globes (bester Film/Drama, bestes adaptiertes Drehbuch) und drei britische Filmpreise (bester Film, Hauptdarstellerin Thompson, Nebendarstellerin Winslet).

Dreißig Jahre nach der Premiere lief der Film diese Woche in der Reihe „Screen Legends“ der Yorck-Gruppe bei leider vorweihnachtlich mäßigem Besuch.

Bild: © 1995 Columbia Pictures Industries, Inc.

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