Die heilige Johanna der Schlachthöfe: Ernst Busch trifft Brecht im Studio der Schaubühne

Die heilige Johanna der Schlachthöfe hat in Zeiten der Krise wieder Hochkonjunktur. Bertolt Brechts antikapitalistisches Lehrstück über die Bildung von Oligopolen, Insider-Handel an Börsen und Arbeitnehmer als Verlierer von Konjunktureinbrüchen fehlte in den vergangenen Jahren auf kaum einem Spielplan. Bekannteste Beispiele sind Nicolas Stemanns Inszenierung von 2009 am Deutschen Theater Berlin und Sebastian Baumgartens Zürcher Fassung, die zum letzten Theatertreffen eingeladen war.

Relativ unbemerkt von den großen Aufmerksamkeits-Hypes brachten Peter Kleinert und seine Studentinnen und Studenten der renommierten Ernst Busch-Schauspielschule eine kurzweilige 2 1/4-Stunden-Fassung mit Beatboxing und Sprachakrobatik-Untermalung ins Studio neben der Schaubühne am Lehniner Platz. Brecht hätte es wohl gefallen, wie der Nachwuchs mit seinem marxistischen Klassiker umgeht.

Mit minimalistischen Requisiten spielen sie sich durch die Szenen, schnoddrig und leicht verständlich fassen sie die verschiedenen Stadien von Maulers Winkelzügen zusammen. Anfangs sitzen sie im Studi-Schlabberlook mit Textheften an Tischen, am Ende schließt sich der Kreis: in edlem Business-Outfit parodieren sie die Sprechblasen auf Pressekonferenzen, gespickt mit ironischen Seitenhieben auf Slogans der Bundestagswahl (Das Wir entscheidet) und Name-Dropping aus dem Krisendiskurs des letzten halben Jahrzehnts von Standard & Poor´s bis Hypo Real Estate.

Johanna steht einsam in der Mitte, das Mikrofon ist viel zu hoch für sie eingestellt, neben dem schlaksigen Mauler wirkt sie noch zerbrechlicher. Ihr Monolog geht im Lachen, Singen und Sekt-Gelage der Sieger unter, die ihren Triumph auskosten, die Kritiker und Reformer ins System integrieren und zufrieden sind, dass der Lauf der Dinge so weiter geht, als hätte es nie eine Krise gegeben. Was sich geändert hat: Zukünftig läuft die Produktion mit 2/3 des Personals, die dafür nur 2/3 des bisherigen Lohns bekommen.

Es spricht einiges für die Auffassung des kulturradios des rbb, dass diese Johanna der Schlachthöfe-Inszenierung frischer war als ihre Vorgängerinnen in den vergangenen Jahren.

Die Premiere war in Rennes am 23. November 2013 und in Berlin am 7. Dezember 2013. 

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