P*rn

Seufzend verdreht Jonathan Walker die Augen und hat sichtlich keinen Bock. Er lehnt am Rand, während der Rest des Casts vom DT Jung in schrillen Kostümen und Cringe-Pseudonymen den kruden Plot eines Stücks zum Thema Porno ankündigt. Schnell gibt es den ersten von zahlreichen Brüchen dieses Abends, den das niederländisch-deutsche Regie-Duo Sofie Boiten/Lorenz Nolting mit 16jährigen Laien-Spieler*innen entwickelten, die einem DT Jung-Aufruf vom vergangenen Herbst folgten.

Alle stellen sich der Reihe nach mit ihren echten Namen und Pronomen vor und erklären das tatsächliche Konzept des 75minütigen Abends. Während der Proben haben sie sich über Pornos, ihr Verhältnis dazu und ihre Erfahrungen ausgetauscht und autofiktionale Figuren entwickelt, die bestimmte Perspektiven verkörpern.

Jonathan hat den entspanntesten Umgang mit dem Thema, Lukas spielt den Überforderten, der in dem Überangebot nach einer eigenen Phantasie sucht, Julie wünscht sich Pornos aus feministischer Perspektive und Leonie lehnt es kategorisch ab, sich überhaupt ein einschlägiges Video anzusehen.

Die Zuschauer*innen in der Box des Deutschen Theaters Berlin wird immer wieder einbezogen, direkt angesprochen oder zu Abstimmungen aufgefordert. Ein Running gag des Abends ist, dass sich das Ensemble streitet, ob es sich um das perverseste Publikum der Stadt handle, weil es sich für diese Inszenierung entschieden habe, oder um ein doch eher verklemmtes Publikum.

Dramaturgisch glänzt der Abend durch das raffinierte Spiel mit überraschenden, ironischen Brüchen und häufigen Perspektivwechseln. Spielerisch schlagen sich die 16jährigen bei ihrem ersten Auftritt auf der DT-Bühne beachtlich.

„P*rn“ hatte als Produktion der Sparte DT Jung am 20. Januar 2024 in der Box des Deutschen Theaters Berlin und bekam zurecht gute Kritiken. In einer ersten Spielzeit der neuen Intendantin Iris Laufenberg, in denen sich Lichtblicke und Schatten abwechselten, fällt diese Produktion in die erste Kategorie.

Bilder: Katja Strempel

 

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