Das Renaissance Theater hatte in seiner Geschichte einige große Hits: In Ewig jung rocken Katharine Mehrling, Timo Dierkes und Co. das Haus als Senioren-Combo schon seit 2009. Besonderen Kultstatus genießt allerdings die „Marlene“-Show, mit der Judy Winter mehr als 500 mal um die Jahrtausendwende zu erleben war.
Nun wagte sich der regieführende Intendant Guntbert Warns an eine neue „Marlene“-Version und engagierte für die Titelrolle den wandlungsfähigen niederländischen Entertainer Sven Ratzke, der am Haus in der Knesebeckstraße in der City-West regelmäßig als „Hedwig“ zu erleben ist und dem Berliner Publikum ansonsten durch seine David Bowie-Programme vertraut ist.
In der ersten Szene ist er nur schemenhaft hinter einem Vorhang zu erkennen: die niederländische Autorin Connie Palmen schrieb zwei neue fiktive Monologe, in der sie Marlene Dietrich über ihr Leben und den Umgang mit ihrem Ruhm sinnieren und sich an ihre Kindheit erinnern lässt. Diese neuen Texte ziehen der mehr als zwei Jahrzehnte alten Stückvorlage von Pam Gems eine Meta-Ebene ein und waren eine sehr glückliche Wahl von Warns und seinem Team.
Bild: Alek Brüssing
Als sich der Vorhang hebt, erleben wir Ratzke in der Bettengruft. Zurückgezogen von der Weltöffentlichkeit lebte die Dietrich während ihres letzten Lebensjahrzehnts in ihrer Pariser Wohnung. Die erste Stunde dieser Marlene-Hommage imaginiert, wie sich der alternde Star gefühlt haben mag: melancholisch auf den Ruhm zurückblickend, von einem Comeback träumend. Mit ihrer Assistentin als Side-Kick (gespielt von Johanna Asch) zeichnet der Abend das Porträt einer Frau, die nach Kontrolle strebte: nach der Kontrolle über sich, nach Selbstdisziplin und nach Kontrolle über ihr Bild in der Öffentlichkeit. Spielerisch lässt dieser Teil des Abends dem Kammerspiel-Duo wenig Rauim zur Entfaltung: gut abgehangener Edel-Boulevard.
Nach der Pause wandelt sich die „Marlene“-Hommage erneut: die Spielszenen werden auf ein Minimum reduziert. Der Abend wird zum Best of-Konzert, bei dem Ratzke mit den dramaturgisch geschickt angeordneten Dietrich-Hits punkten kann. Großer Jubel am Ende dieses knapp zweistündigen Abends für den Weltstar aus Schöneberg, der in Berlin zu Lebzeiten so lange als „Verräterin“ geschmäht wurde, und für den Entertainer, der ihre Songs auf seine eigene Art bietet. Dass es sich hier um einen Drag-Auftritt, einen Mann in einer Frauen-Rolle, spielt eine untergeordnete Rolle. Marlene Dietrich, die bewusst immer aus den engen Geschlechter-Sterotypen ihrer Zeit ausbrach, hätte dies wohl gefallen.
Nach der Premiere am 8. Oktober 2023 ist „Marlene“ noch bis 25. Februar 2024 am Renaissance Theater zu sehen, anschließend sind internationale Gastspiele geplant.
© Foto: Ann-Marie Schwanke / Siegersbusch
Kate
Judy Winter als Marlene zu erreichen, ist Sven Ratzke mit weitem Abstand nicht gelungen
Nicht einmal einen Hauch von Marlene ist bei ihm zu spüren.
Wie kann man diese Rolle mit jemanden besetzen, der sich stimmlich mehr wie Zarah Leander anhört und schauspielerisch ohne Talent ist?