Hinter der aalglatten Fassade des Schönlings Justin (Nicholas Kemp) brodeln die Gewissensbisse. Er wurde zufällig als einer von 12 Geschworenen ausgewählt, um im Strafprozess gegen James (Gabriel Basso). Die Indizien deuten auf Mord hin: die gesamte Kneipe hat den heftigen Streit miterlebt, den er mit seiner Freundin (Francesca Eastwood) hatte, am nächsten Morgen wurde sie tot aufgefunden.
Wir Zuschauer erfahren früh, wer der wahre Täter ist: ebendieser Justin, Juror No. 2, der den Kummer über eine Fehlgeburt seiner Freundin in der Kneipe runterspülte, in der Regennacht glaubte, ein Reh angefahren zu haben und einfach weiterfuhr, also Fahrerflucht beging.
Die Polizei und die für ihren Wahlkampf für das nächste höhere Amt unbedingt eine Trophäe brauchende Staatsanwältin (Toni Collette) sind überzeugt, dass der Lebensgefährte nach dem Streit einen Mord beging. Über Alternativen denken sie gar nicht erst nach. Auch die Jury-Mehrheit möchte am liebsten kurzen Prozess machen und möglichst schnell wieder ihrem Alltag nachgehen.
Auf diese Problematik zielt das Justizdrama „Juror #2“ des mittlerweile 94jährigen Regisseurs Clint Eastwood ab. Er schildert die Schwachstellen des Jury-Systems und zeigt mit Justin und später der Staatsanwältin zwei Hauptfiguren, die sich in Dilemmata verstricken. Justin steht vor der Wahl, die Wahrheit zu sagen und eine langjährige Gefängnisstrafe zu riskieren oder mitschuldig zu sein, dass ein Unschuldiger in den Knast wandert.
Die Schwäche des Drehbuchs von Jonathan Abrams ist, dass dies anhand eines derart überkonstruierten Plots voller an den Haaren herbeigezogener Wendungen und Unwahrscheinlichkeiten durchbuchstabiert wird. Erstaunlich, dass die Kritiken dennoch von dem Film schwärmten, als er am 16. Januar 2025 in den deutschen Kinos startete, vermutlich war dies eine Verneigung vor dem Lebenswerk des Hollywood-Altmeisters.
Bilder: Warner Bros.