In ihrer ersten Zusammenarbeit mit dem Stockholmer Cullberg Ensemble nimmt sich Ligia Lewis den Begriff „Folk“ vor. Stoßrichtung der Performance, die sie gemeinsam mit den Tänzerinnen und Tänzern frei nach dem russischen Sci-Fi-Film-Epos „Hard to be a god“ von Aleksei German jr. entwickelt, ist eine doppelte Abgrenzung: natürlich von völkischen, in Blut- und Boden-Ideologie versinkenden rechten Strömungen, aber auch von einem zu naiven linken Multikulturalismus, erklärt die Regisseurin in der Programmbroschüre.
Auf der Bühne sieht das dann so aus, dass eine Gruppe taumelnder Gestalten lallende, quietschende, kreischende Laute ausstösst und sich nur ruckartig bewegen kann. Langsam formiert sich diese Urgesellschaft zu klaren, kriegerischen Formationen, die einen Außenseiter ritualhaft umkreisen.
Sehr rätselhaft und assoziativ kreist auch Ligia Lewis um ihre kulturwissenschaftlichen Fragestellungen. So rätselhaft, dass es zu zahlreichen Walk-outs kommt. Am eindrucksvollsten ist das Lichtdesign von Joseph Wegmann, das eine düster-archaische Atmosphäre schafft. Schade nur, dass diese künstlerische Leistung von einer Hohlbirne konsequent gestört wird. Trotz wiederholter Ermahnungen der Umsitzenden war er nicht davon abzubringen, im Abstand weniger Minuten ADHS-artig auf sein Handy-Display zu gucken und die ausbalancierte Lichtregie zu ruinieren. Er war nicht nur nicht einsichtig, sondern wurde rüpelhaft.
Das bittere Fazit für Ligia Lewis und ihr Team ist, dass sie ihre hochgesteckten Ziele nicht erreichen konnten. Von den gewünschten Fragestellungen kam ohne Lektüre des Beipackzettels wenig an. Ein beträchtlicher Prozentsatz des Publikums verließ den Saal vorzeitig. Unter denen, die blieben und klatschten, war der besagte Typ, der heftig applaudierte, aber nicht mal in der Lage war zu verstehen, dass die von ihm gestörte Lichtregie ein elementarer Bestandteil des Abends ist. Was für ein krachendes Scheitern!
„Some Thing Folk“ hatte heute als Koproduktion mit Tanz im August im HAU 1 Premiere, als weiterer Partner ist PACT Zollverein Essen im Boot.
Bild: Carl Thorborg