Wunderkammer

In eine „Wunderkammer“ lädt Marcos Morau, katalanischer „Artist in Residence“ für drei Spielzeiten beim Staatsballett Berlin. Von Google oder dem Programmheft erfahren wir, dass eine „Wunderkammer“ seit dem 16. Jahrhundert „Sammlungen von Kunstwerken, antiken Fundstücken, Büchern, Naturalien sowie kunstgewerblichen Raritäten in einem einzigen Raum“ bezeichnet, „wie sie damals unter den europäischen Oberschichten Mode waren.“

Diese Fährte führt aber in die Irre, Ausstellungsvitrinen oder Fundstücke wird man vergeblich suchen. Moraus „Wunderkammer“ ist eine schillernde Nummernrevue, die mit der Ästhetik der Berliner Club-Kultur spielt, aber nur in Andeutungen. Sehr vage bleibt Moraus Ansatz, seine „Wunderkammer“ lässt sich trotz der Frisuren, die an den Bubikopf der 1920er erinnern, oder der Fetisch-Harness-Applikationen weder einem konkreten Ort noch einer konkreten Zeit zuordnen.

Im nicht näher zu lokalisierenden Irgendwo bleibt auch der gesamte 70minütige Abend, den Morau entwickelte, der aus der spanischen Off-Szene stammt und mit seiner Compagnie La Veronal bekannt wurde. Irgendwo zwischen Musiktheater (Komponist*innen/Sounddesigner*innen Clara Aguilar/Ben Meerwein) und Tanz bleibt auch diese „Wunderkammer“ hängen: gefällig anzusehen und als kleiner Höhepunkt mit einer zum Premierenabend vor einer Woche passenden Halloween-Szene, bei der sich das Ensemble dem Publikum im Schillertheater bedrohlich nähert. Nachhaltigen Eindruck hinterlässt diese Revue nicht, vieles wirkt epigonal, wie Elisabeth Nehring zurecht im Fazit-Radio-Gespräch kritisierte.

„Wunderkammer“ des Staatsballetts Berlin hatte am 1. November 2025 in der Komischen Oper im Schillertheater Premiere. 

Bilder: Yan Revazov

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