Hannah Zabrisky tritt nicht auf

Mit einer Kulturbetriebs-Farce wartete die Schaubühne an diesem winterlich kalten Wochenende auf. Falk Richter hat sich offensichtlich vorgenommen, eine Lücke zu füllen, die René Polleschs früher Tod hinterlassen hat: Boulevard für diskursgestählte Akademiker oder wie  Martina Kaden in der B.Z. schrieb „Nackter Wahnsinn für Intellektuelle“.

Die Meta-Satire „Hannah Zabrisky tritt nicht auf“ kommt jedoch nicht über fade Klischees und eine Selbstbespiegelung hinaus, die nur für den Kulturbetrieb interessant ist. Die meisten Figuren sind reine Abziehbilder, besonders schlimm trifft es eine so talentierte junge Spielerin wie Alina Vimbai Strähler, die als Autorin Tamara eine überspannte Karikatur spielen muss. Der Text, den sie und ihre Kolleg*innen zu sprechen haben, ist mit „zusammengerührter Filterblasenquark“ (Uli Seidler in der Berliner Zeitung) noch freundlich, aber leider treffend beschrieben.

Am ehesten können zwei Spielerinnen ihren Figuren noch etwas Würde retten: zum einen Jule Böwe in der Titelrolle, als alternde Schauspielerin, die sichtlich von Gena Rowlands im New Hollywood-Drama „Opening Night“ (1977) inspiriert ist. Sie trauert nicht nur dem Verlust ihrer Jugend hinterher, der mit weniger attraktiven Rollen einher geht, sondern verliert generell die Orientierung und den Boden unter den Füßen in einer Polykrisen-Welt jenseits des Theater-Probenraums. Jule Böwe spielt zum Glück an diesem Abend weniger die fiktive Hannah Zabrisky aus einem papiern-belanglosen Stück, sondern eine Jule Böwe-Figur wie in vielen anderen Abenden aus ihren vergangenen 25 Jahren an der Schaubühne: widerständig, trotzig, mit rau-kratziger Stimme, tragikomisch und mit einer zumindest angedeuteten Fallhöhe, die dem Rest des Abends fehlt. Die andere ist Ruth Rosenfeld, die ihrer Nebenfigur, der Partnerin des Regisseurs (Renato Schuch) viel Autofiktionales aus ihrer eigenen Biografie mitgibt. Aufgewachsen in New York und Tel Aviv spielt sie auf die Proteste gegen Trump, den Gaza-Krieg und Netanyahu an. Leider versanden diese Gedanken und Monologe, Falk Richter gelang es nicht, diese Ebene schlüssig in seine Farce über depressiv-frustrierte Künstler*innen hineinzumontieren.

„Hannah Zabrisky tritt nicht auf“ hatte am 22. November 2025 im Saal A der Schaubühne am Lehniner Platz Premiere.

Bild: Gianmarco Bresadola

 

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