Lakonisch erzählt Hafsia Herzi von einem Coming-out unter erschwerten Bedingungen: Fatima hat es doppelt schwer, sich einzugestehen, dass sie auf Frauen steht. Rau und aggressiv-homophob ist der Ton in der Pariser Banlieue, wo sie als jüngste Tochter algerischer Einwanderer aufwächst. Hinzu kommt, dass ihre Eltern gläubige Muslime sind, unter Tränen spricht sie mit einem Imam über ihre Schwierigkeit, ihre Sexualität mit ihrer Religion zu vereinbaren.
Der Spielfilm basiert auf dem gleichnamigen autofiktionalen Roman von Fatima Daas und wurde von Hafsia Herzi (Regie und Drehbuch) verfilmt. Herzi stammt selbst aus einer Einwandererfamilie in Marseille und wurde 2007 mit ihrer Hauptrolle in Abdellatif Kechiches „Couscous mit Fisch“, seit einigen Jahren arbeitet sie auch als Filmemacherin.
Für „Die jüngste Tochter“ arbeitete sie überwiegend mit Laien, auch in der Titelrolle der Fatima: Nadia Melliti aus dem Pariser Vorort Saint-Denis spielt so überzeugend, dass sie in Cannes 2025 den Preis für die beste Hauptdarstellerin gewann. Das ist umso überraschender, wenn man bedenkt, welch namhafte Konkurrenz sie z.B. mit Jennifer Lawrence und ihrer „Die my love“-Radikal-Performance hatte.
„Die jüngste Tochter/La petite dernière“ erzählt den Coming-out-Stoff recht konventionell als Stationendrama. In Miniaturen erleben wir Fatimas zaghafte Schritte, sich ins lesbische Dating-Leben zu wagen.
Bei der Premiere in Cannes gewann „Die jüngste Tochter“ außerdem noch die Queer Palm, das Pendant zum Berlinale-Teddy. Weitere Einladungen zu größeren (Locarno, Toronto) und kleineren (Bangkok, Hamburg, Jerusalem, Mannheim-Heidelberg, Melbourne, São Paolo, Vancouver, Warschau, Wien) Festivals folgten. In dieser Woche stellten Regisseurin und Hauptdarstellerin ihren Film gemeinsam mit dem Komponisten Amin Bouhafa bei der Französischen Filmwoche im Cinema Paris vor. Kommende Woche wird die arte-Co-Produktion auch als französische Station bei der cineastischen Weltreise „Around the World in 14 films“ in der Kulturbrauerei sowie später in München und Köln zu sehen sein. Am 25. Dezember bringt Alamode den Film in die deutschen Kinos.
Bild: © KathuStudio_ArteFrance_mk2Films_AlamodeFilm