Diese Goldene Palme gewann nun ein Jahr später sein Landsmann Jafar Panahi mit „Ein einfacher Unfall/Un simple accident“: in einem überwiegend mit Laiendarstellern heimlich gedrehten Roadmovie überlegen Ex-Häftlinge, wie sie mit einem Gefängnisaufseher und Folterknecht umgehen, der in ihre Hände gerät.
Eine zentrale Frage, die alle Transformations-Gesellschaften nach Auflösung eines Regimes umtreibt. Nicht jeder hat die Kraft zu Runden Tischen und Dialog, der Wunsch nach Rache und Vergeltung ist nachvollziehbar.
Typisch für Panahi, der längere Zeit in iranischer Haft saß und vor wenigen Tagen in Abwesenheit zu einer weiteren Gefängnisstrafe verurteilt wurde, ist die augenzwinkernde Menschenfreundlichkeit, mit der er diese ernsten Fragen verhandelt. Wieder mal wählte er dafür sein Lieblings-Genre, das Road-Movie. Von der politischen Wucht und epischen Brillanz des Vorgänger-Films von Rasoulof bleibt Panahi ein Stück entfernt, die Goldene Palme ist aus meiner Sicht vor allem ein politisches Statement.
Nach der Premiere in Cannes lief „Ein einfacher Unfall“ auf diversen weitereb Festivals (z.B. Busan, Hamburg, Karlovy Vary, Locarno, London, New York, Telluride, Toronto) und wurde gestern auf der Zielgeraden von Around the World in 14 films von Pegah Feryidoni als Patin vorgestellt, die in Teheran geboren und Berlin aufgewachsen ist. Sie erzählte in ihrer kurzen Einführung von Folter-Erfahrung ihrer Familie.
Frankreich nominierte die Co-Produktion für die Oscar-Verleihung des besten fremdsprachigen Films. Am 8. Januar 2026 bringt MUBI „Ein einfacher Unfall“ in die deutschen Kinos.
Bild: Les Films Pelleas