True Grit und hoffnungslose Schlangen

Nach dem chaotischen Auftakt hätte es am zweiten Tag eigentlich nur besser werden können. Stattdessen ging es im CineStar noch mehr drunter und drüber. Ein Film ist als Pressevorführung und zugleich als Publikumspremiere angekündigt. Das war in früheren Jahren auch schon oft der Fall, hat aber in der Regel funktioniert. Diesmal ist das Ergebnis: Noch längere Schlangen am Einlass, diesmal finden die Organisatoren kein Ausweichkino. Alle Sitzplätze sind voll, angeblich stehen außerdem ca. 100 Leute auf den Stufen des Kinosaals, draußen telefoniert die Presseagentin des Verleihs angesichts der immer noch langen Schlange vor dem Einlass hektisch und die Veranstalter wiegeln ab, als die Tür zugeht. Tenor: Wir konnten ja nicht ahnen, dass so viele Leute kommen. Irgendwas ist offensichtlich gründlich schiefgelaufen.

Erfreulicher war die Wiederholung des Eröffnungsfilms True Grit im Friedrichstadtpalast. In den vergangenen Jahren hatte Dieter Kosslick bei der Auswahl für den repräsentativen Starttermin oft kein glückliches Händchen. Häufig waren diese Filme eher mau und wurden von den Beiträgen der folgenden Tage überstrahlt.

Aber mit den Brüdern Joel und Ethan Coen kann man nicht viel verkehrt machen. Mit ihrem typischen kauzigen Humor schicken sie ein ungewöhnliches Trio auf einen Feldzug durch den Wilden Westen: Jeff Bridges ist der zerzauste Marshall Rooster Cogburn, der bekannt dafür ist, die Gesetze nicht immer einzuhalten und den konfiszierten Whiskey ohnehin am liebsten selbst trinkt. Zu ihm stößt Matt Damon, der genauso aussieht, wie ein Karnevals-Kostümverleih einen Texas-Ranger ausstatten würde. Bisher meist auf Schönlinge abonniert, jagt er diesmal mit Schnurrbart und Cowboy-Klamotten nach der Kopfprämie für einen berüchtigten Mörder.

Es ist eine besondere Leistung, dass neben diesen beiden erfahrenen Hollywood-Größen die bisher unbekannte Hailee Steinfeld nicht nur nicht an die Wand gespielt wird, sondern sogar die stärksten Akzente setzt. Mit gerade mal 14 Jahren spielt sie die Mattie Ross, die nach dem Mord an ihrem Vater, das Heft in die Hand nimmt und den Marshall Cogburn anheuert, den Täter mit ihr gemeinsam zu verfolgen.

Der kurzweilige Genrefilm erntete am Ende viel Applaus. Ins Rennen um die Oscars geht True Grit mit 10 Nominierungen als einer der großen Favoriten. Im Wettbewerb um die Goldenen Bären durfte er nur außer Konkurrenz antreten.

Bereits einen Silbernen Bären gewann verdientermaßen der Film Offside im Jahr 2006, der im Berlinale-Palast noch mal gezeigt wurde. Der Regisseur Jafer Panahi ist einer der profiliertesten iranischen Filmemacher und sollte in der Berlinale-Jury sitzen. Als er vor einigen Monaten vom Mullah-Regime inhaftiert wurde, engagierte sich das Festival mit mehreren öffentlichen Aufrufen vergeblich für ihn. Sein Platz in der Jury blieb demonstrativ unbesetzt und seine wichtigsten Filme werden nun auf der Berlinale präsentiert. Der Bericht zu Offside ist in unserem Archiv hier zu finden.

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