La Cage aux Folles

„La Cage aux Folles“ war ein Broadway-Hit in den frühen 1980ern und das erste Mainstream-Musical, das homosexuelle Themen und Figuren in den Mittelpunkt stellt. Der damals 17jährige Barrie Kosky war hin und weg, als er dieses Stück und seine Emanzipations-Hymne „I am what I am“ in New York erlebte, wie er im Programmheft-Interview sagte.

Vier Jahrzehnte später lud Kosky sein Publikum zu einer Nostalgie-Reise ein. In seiner ersten Regie-Arbeit nach dem Ende seiner Intendanz an der Komischen Oper, der er als Hausregisseur mit zwei Inszenierungen pro Spielzeit weiter verbunden bleibt, bringt er das Musical mit großem Orchester, queerer Opulenz und 50 Drag Queens auf die Bühne.

Die Begeisterung für und die Ehrfurcht vor diesem Zeitdokument sind der Kosky-Arbeit deutlich anzumerken: er erlaubt sich kaum Aktualisierungen oder Eingriffe, obwohl der Plot sichtlich aus einer anderen Zeit stammt. Das Musical basiert auf einem französischen Theaterstück, das in der Verfilmung von 1978 für mehrere Oscars nominiert war und den Geist der schwulen Emanzipationsbewegung der 1970er Jahre atmete, bevor die AIDS-Pandemie zu einem Rollback führte.

Der Grundkonflikt zwischen dem Sohn Jean-Michel (Nicky Wuchinger), der sich vor dem reaktionär-rechtspopulistischen Politiker und Schwiegervater in spe (Christoph Späth) dafür schämt, dass sein Vater Georges (Peter Renz) einen Drag-Club besitzt und mit seinem Hauptdarsteller Albin alias Zaza (Stefan Kurt) seit Jahrzehnten eine Beziehung führt, wirkt heute aus der Zeit gefallen. Mit der eingetragenen Partnerschaft und später der Ehe für alle hat sich unsere Gesellschaft glücklicherweise deutlich liberalisiert.

Kosky nimmt die Dramen seiner Jugend ernst und bietet vor allem seinem vom Sprechtheater kommenden Stargast Stefan Kurt eine Bühne für große Auftritte: Ende der 1980er Jahre hatte er seinen Durchbruch mit dem „Black Rider“ von Robert Wilson am Thalia Theater, machte sich zuletzt aber auf den Bühnen rarer. Die Rolle der Zaza spielte er vor einigen Jahren auch an der Oper Basel und nun in den tollen Drag-Kostümen, die Klaus Bruns für diese Show entwarf.

Stefan Kurt als Zaza

„La Cage aux Folles“ wird bei Kosky zur großen queeren Nostalgie-Show in einem von Tom of Finland inspirierten Bühnenbild (Rufus Dwidwiszus). Die Rolle der Jaqueline, die als Verbündete für das Happy-end sorgt, besetzte er in der vergangenen Spielzeit mit Helmut Baumann, der den Broadway-1985 ans Theater des Westens im Herzen des damaligen West-Berlin holte und das Stück nicht nur inszenierte, sondern auch die Hauptrollle spielte. Statt des mittlerweile 84jährigen Ex-Intendanten spielt nun Angelika Milster die Jaqueline. Besonders exaltierte Nummern mit entsprechendem Szenenapplaus legt Daniel Daniela Ojeda Yrureta als Butler Jacob/Ramona aufs Parkett.

Tom of Finland-Motive in „La Cage aux Folles“

„La Cage aux Folles“ hatte am 28. Januar 2023 in der Komischen Oper Berlin Premiere und läuft derzeit im April/Mai 2024 als Wiederaufnahme in der Interimsspielstätte im Schillertheater.

Bilder: Monika Rittershaus

One thought on “La Cage aux Folles

  1. Christiane Paul-Koch Reply

    Das Stück war grandios besetzt und von Anfang bis Ende total begeisternt.Wahnsinnig gute Musik ,tolle Tänzer und ein grandioses Bühnenbild. Vielen Dank an alle für den wunderschönen Abend

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