Zur Eröffnung des Foreign Affairs-Festivals stand an diesem Wochenende das Stück Las Multitudes des Argentiniers Federico León im Haus der Berliner Festspiele auf dem Programm. Ein Großaufgebot von 121 Darstellern von Kindern bis Senioren wuselte in Gruppen über die Bühne.
Federico León beschreibt im Presseheft seine Grundidee so: "Am Anfang sind alle Gruppen zerstritten, aber dann verbinden sie sich zu einer großen Gemeinschaft, und jeder fühlt, dass er ein fundamentaler Teil einer Maschine ist, einer Gesamtheit, und dass diese Gesamtheit ohne ihn nicht funktionieren würde… Für mich ist Las Multitudes ein Gesellschafts-Ideal. Die einzelnen Gruppen streiten sich zwar, kümmern und sorgen sich aber auch umeinander, jeder interessiert sich für den anderen, und das Stück führt in eine große Vereinigung."
Die Schluss-Szene ist tatsächlich das eindrucksvollste Bild, das beim Verlassen des Theaters nach knapp 70 Minuten im Gedächtnis bleibt: Die ausgelassene Partystimmung der Generationen ist schön choreografiert und mit angenehmen Beats untermalt. Bis dahin blieben jedoch viele Szenen Stückwerk. Man merkt dem Abend seine Entstehungsgeschichte an: "Der Probenprozess verändert den Text, so dass am Ende etwas Neues entsteht, demgegenüber man sich wieder anders positionieren muss. Wenn ich mit einem Projekt anfange, habe ich immer einen konkreten Plan, einen Ausgangspunkt, der sich dann während des Probenprozesses immer mehr verwandelt. Von vielem, was in den Proben plötzlich lebendig wird, hatte ich beim Schreiben noch gar keine Ahnung. Sachen, die das Stück nähren und es quasi um- und fertigschreiben."
Das scheint der springende Punkt zu sein: Vieles ist interessant anzusehen, manches sorgt für Lacher, aber es fügt sich noch nicht wieder zu einem organischen Ganzen. Kein klarer roter Faden verbindet die einzelnen Szenen. Der Probenprozess wirkt noch nicht ganz abgeschlossen, vielleicht reift die Inszenierung bei den nächsten Aufführungen. Auch in Kleinigkeiten zeigen sich Brüche: Kurz vor Schluss beginnt eine Frau aus der Gruppe der Seniorinnen kurz zu rauchen. Es erschließt sich nicht, ob der Regisseur und Autor León damit eine Botschaft vermitteln will oder ob sich dieses Detail nur zufällig im Probenprozess eingeschlichen hat.