Auf sehr großes Publikumsinteresse stößt die Ausstellung Geschlossene Gesellschaft in der Berlinischen Galerie: Kurator Ulrich Domröse, der schon in den 80ern Jahren erste Werke sammelte und selbst DDR-Bürger war, stellte einen hoch interessanten Überblick über die wichtigsten Fotografen im real existierenden Sozialismus zusammen.
Die Fotografie bekam – vor allem vor den 80er Jahren – weniger öffentliche Aufmerksamkeit als Film, Theater oder Literatur. Deshalb blieben die Künstler weitgehend von Zensur verschont. Dementsprechend lässt sich aus vielen Bildern eine subtile Kritik herauslesen. Die Enge der Verhältnisse ist ein dominierendes Sujet. Beispielhaft zeigt das bereits das Plakatmativ der Frau in Rot, die Erasmus Schröter 1985 in Leipzig herausgelesen hat. Er spielt geschickt mit den Perspektiven und dem Kontrast, den eine attraktive Frau vor einem Blumenbeet mit der Asphaltwüste bildet, die wie abgeschnitten direkt hinter ihrem Kopf beginnt. Noch deutlicher empfinden die Besucher diese Kritik an der Tristesse der herrschenden Verhältnisse beim Foto der wartenden Frau im Sommerkleid an einem Busbahnhof am Müggelsee. Viele Fotos vor allem aus der Endphase der DDR reflektieren eine erstarrte Gesellschaft, die Menschen wirken wie in einer Warteschleife gefangen.
Bekannte Namen wie Sibylle Bergemann sind wiederzuentdecken. Ihre Aufnahmen aus Erichs Lampenladen, dem Palast der Republik, lassen die üppige Beleuchtung an der Saaldecke wie Sterne wirken. Auch hier weckt die Kunst Assoziationen zu den Beschränkungen des Horizonts und der Freiheit.
Der letzte Saal der Ausstellung ist den Experimenten gewidmet. Einige Avantgardisten nutzten die Freiräume für die in der DDR unterschätzte Kunstgattung Fotografie und setzten zum Beispiel bei einer Kunst-Aktion, die während einer Vorführung im repräsentativen Kino International stattfand, einen Mann in Szene, der schreiend aufspringt, während seine Umgebung gebannt mit 3D-Brillen weiter auf die Leinwand starrt.
Die Ausstellung Geschlossene Gesellschaft wurde am 5. Oktober 2012 eröffnet und ist noch bis 28. Januar 2013 zu sehen. Das Rahmenprogramm bietet Lesungen (Max Riemelt liest Thomas Brasch) und Filmvorführungen (z.B. Paul und Paula oder Solo Sunny).
Die Ausstellung Geschlossene Gesellschaft in der Berlinischen Galerie