„Pride“ im Kino: Außenseiter gemeinsam gegen die „Eiserne Lady“

Der Herbst ist Kinozeit. Die langen, kalten Abende laden ein, es sich im Kinosessel bequem zu machen. Die Verleihfirmen schicken eine ganze Reihe bemerkenswerter Filme an den Start, die um die knappe Ressource Aufmerksamkeit des Publikums konkurrieren.

Schwer wird es vor allem für Filme, die nicht mit bekannten Namen für sich werben können, wie z.B. Pride von Matthew Warchus. In London hat sich Wachus einen Namen als Theater- und Opernregisseur gemacht, vor kurzem wurde er als Nachfolger von Kevin Spacey zum Direktor des traditionsreichen Old Vic Theatre berufen. In Deutschland ist Wachus bisher ein unbeschriebenes Blatt. Dies könnte sich mit Pride, seinem zweiten Kinofilm, ändern.

Das Drehbuch beruht auf einer wahren, hierzulande kaum bekannten Begebenheit: 1984/85 solidarisierten sich zwei sehr unterschiedliche Gruppen gegen einen gemeinsamen politischen Gegner: gegen den harten Privatisierungskurs der Eisernen Lady Margaret Thatcher und ihre unsolidarische, streng konservative Gesellschaftspolitik.

Nach dem Londoner Gay Pride berieten einige Schwule und Lesben, die unter der Übergriffen der Polizei litten und sich darüber empörten, dass sie die Regierung im Kampf gegen das neu entdeckte HI-Virus alleine ließ, über ihr weiteres Vorgehen. Sie beschlossen, ein Bündnis mit einer anderen Gruppe zu schließen, die ähnliche Erfahrungen von Ausgrenzung und Diffamierung erlebte, wie es die Süddeutsche Zeitung treffend beschrieb. Die Londoner Szene-Aktivisten gründen die Gruppe LGSM (Lesbians and Gays support the Miners). Die Kohlearbeiter befanden sich damals seit in einem landesweiten Streik, der sich zu einem Grundsatzkonflikt um die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zwischen den Gewerkschaften und der konservativen Tory-Regierung in der Downing Street hochschaukelte.

Der erste Kontaktversuch zwischen der queeren Bewegung aus der Metropole und den Bergarbeitern in einem walisischen Dorf gestaltete sich schwierig. Der Culture Clash war so grundlegend, dass sich die Gruppen mit ihren jeweiligen Vorurteilen erst langsam und nach einigen, zum Teil auch von polemischen Schlagzeilen der rechtslastigen Yellow Press aus dem Hause Murdoch verursachten, Rückschlägen annäherten.

Warchus ist es hoch anzurechnen, dass er es schaffte, die Klischeefallen, die sich bei diesem Thema anbieten, zu umgehen. Mit Witz und Understatement gelingt ihm eine überzeugende Mischung aus politischen Zeitdokument, Komödie und Drama, die bei den ersten Vorpremieren in Hamburg und Berlin mit viel Gelächter über gelungene Szenen und Beifall aufgenommen wurde. Beim renommierten Festival in Cannes wurde er 2014 mit dem Queer Palm Award ausgezeichnet, dem Pendant zum Teddy der Berlinale.

Dankenswerterweise gibt der Abspann noch einige Hintergrundinfos zu den damaligen Entwicklungen: Die Bergarbeitergewerkschaft hatte wesentlichen Anteil daran, dass sich die Labour-Opposition ab Mitte der 1980er Jahre zur Gleichstellung vbon Homo- und Heterosexuellen bekannte. Mark Ashton, der von Ben Schnetzer (zuletzt auch in The Riot Club zu sehen) glänzend gespielt wird, war die treibende Kraft der LGSM-Bewegung, starb jedoch schon kurz nach den im Film beschriebenen Ereignissen an AIDS.

Pride. Großbritannien 2014. 120 Minuten. Kinostart: 30. Oktober 2014

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