Den Reiz von François Ozons Filmen macht es aus, dass er gerne mit Genres spielt. Sein aktuellster Kinofilm Eine neue Freundin deutet zwar mit Anleihen aus der Komödie und dem Psychothriller überraschende Wendungen an. Er entscheidet sich dann aber doch dafür, zielstrebig auf der geraden Bahn eines Melodrams voranzuschreiten, bis er gegen Ende gefährlich nahe an den Abgrund des Kitsches gerät. Deswegen ist dies eines der schwächeren Werke des französischen Meisterregisseurs.
Der Film konzentriert sich ganz auf das fragile Verhältnis von David zu Claire. David wird von Romain Duris gespielt, der als Frauenschwarm in den Komödien von Cédric Klapisch berühmt wurde. Schon während seiner Ehe mit Laura träumt er davon, heteronormative Rollenbilder hinter sich zu lassen und in Frauenkleider zu schlüpfen. Nach ihrem frühen Tod tastet er sich erst zögernd an seine Trans- und Cross-dresser-Experimente heran und verwandelt sich in Virginia.
Claire (Anaïs Demoustier), die beste Freundin von Davids verstorbener Frau, reagiert völlig entsetzt, als sie David mit blonder Perücke und im Blümchenkleid überrascht. Sie beschimpft ihn als „krank“ und „pervers“. Im Lauf des Films nähern sich die beiden an, genießen ausgediente Shopping-Touren und durchgetanzte Clubnächte. Es beginnt auch erotisch zu knistern, hinter dem Rücken von Claires vielbeschäftigtem Mann Gilles (Raphaël Personnaz).
Das Spiel mit den Geschlechterrollen ist über weite Strecken durchaus unterhaltsam und lebt von der herausragenden schauspielerischen Leistung von Romain Duris. In der letzten halben Stunde konnte Ozon aber der Versuchung nicht widerstehen, immer noch eine zusätzliche melodramatische Wendung und einen weiteren Schicksalsschlag einzubauen. Das geht zu Lasten eines glaubwürdigen Plots und mündet etwas zu abrupt abrupt in einer Heile-Welt-Zukunfts-Vision. Seine Botschaft käme aber auch mit subtileren Mitteln an: Eine neue Freundin ist ein Appell für den Respekt vor alternativen Lebensmodellen. Mehrere Kritiken von SPIEGEL Online bis critic.de interpretierten diesen Film als bewusstes Statement des Regisseurs Ozon zur aufgeheizten innenpolitischen Debatte in Frankreich, wo Großkundgebungen gegen die Einführung der Homo-Ehe 2013 in Krawallen endeten.
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