Was soll man dazu noch schreiben?
Angélica Liddell und ihre Gruppe Atra Bilis Teatro haben sich ihr neues Stück You are my destiny (lo stupro di Lucrezia) doch eigentlich richtig schön aus dem Klischee-Baukasten zusammengestellt: Schreien und Stöhnen, dazwischen zehn Kinder, ein ukrainischer Männerchor für das spirituelle Gemüt, zehn Männer, die zuvor eine gefühlte halbe Stunde lang Wandsitzen müssen, bevor sie komplett durchgeschwitzt zu Boden sinken und die Kleider vom Leib reißen, Trommel-Sessions und eine Hauptdarstellerin, die wenn alles überstanden ist, ihre Unterwäsche ins Publikum wirft.
Um Weltschmerz und Selbstekel nach einer Vergewaltigung geht es, hämmern uns die Musikstücke und die gesprochenen Texte ein. Im Hintergrund eine venezianische Bilderbuch-Architektur, ansonsten ist die Bühne in Schwarz getaucht. Nur leider wird die gewünschte düstere Stimmung im Minutentakt gestört: Wieder mal strebt ein Zuschauer genervt vom hier zur Schau gestellten Weltschmerz zum Ausgang, das helle Licht des Foyers fällt durch die geöffnete Tür und wahrscheinlich wird im nächsten Moment auch wieder jemand, der sich kopfschüttelnd durch die Stuhlreihen zwängt, die Sicht auf den ukrainischen Chor oder die Kinder verdecken.
Um große Gefühle und um ein sehr ernstes Thema soll es an diesem Abend gehen. Aber der Schmerz bleibt nur Behauptung, ertrinkt in lustlos aneinandergeklatschten Szenen und gängigen Konfektionsbildern aus dem Handbuch der Performing Arts, wie Christian Rakow schrieb.