Passend zu den tropischen Temperaturen prallten an der Komischen Oper die beiden verfeindeten Gangs, die alteingesessenen Jets und die neuzugezogenen Sharks, in hitzigen Gefechten aufeinander. Leonard Bernsteins West Side Story, die im November 2013 von Barrie Kosky neu inszeniert wurde, ist mit ihrem Temporeichtum, ihren Ohrwürmer-Songs (Maria oder America) und ihrem Mix aus jüdischen, Latino- und Jazz-Einflüssen einer der Publikumsmagneten des Hauses.
Die Handlung wurde aus der New Yorker Bronx der 1950er Jahre in eine nicht näher bezeichnete Metropole der Gegenwart verlegt. Von Vorurteilen und Rassismus geprägte Gruppen versuchen zwanghaft, sich von einander abzugrenzen. Dabei sind die feindlichen Lager, die sich auf der fast leeren Bühne duellieren, optisch kaum zu unterscheiden. Was sie wirklich trennt, sind die Barrieren im Kopf.
Testosterongeladen gehen die durchtrainierten Tänzer in den beeindruckenden Choreographien von Otto Pichler aufeinanderlos. Die Berliner Morgenpost fühlte sich an Streetdance und David Finchers Fight Club erinnert: roh, ungeschliffen, viril. Für die Liebe von Maria zu ihrem Tony ist hier kein Platz, ebensowenig wie es für Julia ein Happy-end mit ihrem Romeo, deren Geschichte bei der West Side Story bekanntlich Pate stand.
Absehbar, dass diese Zusammenballung von Hass und aus Unsicherheit über die eigene Identität resultierender Aggressivität tödlich enden muss. Für das oft süßlich endende Musical-Genre ist diese pessimistische Botschaft nicht selbstverständlich.
Frederik Hanssen jubelte im Tagesspiegel über die hottest show in town. Auch wenn man mit Superlativen vorsichtig ist: die Aufführung wirkt auch knapp zwei Jahre nach der Premiere frisch und mitreissend.
Respekt verdienen vor allem die Akteure der Kampfszenen: die 2,5 Stunden sind ohnehin schon kräftezehrend, aber erst recht an einem Tag mit Temperaturen jenseits der 30 Grad. Bei kühleren Temperaturen wird die West Side Story von Oktober bis Dezember 13 x zu sehen sein.