Ein europäisches Abendmahl

Fünf bekannte Autorinnen sollten einen kurzen Text zur Lage Europas beisteuern, nur vier davon sind beim Gastspiel am Deutschen Theater Berlin zu sehen. Das Programmheft zu „Ein europäisches Abendmahl“ informiert darüber, dass Jenny Erpenbeck die Aufführungsrechte ihres Monologs „Frau im Bikini“ für die Autorentheatertage verweigert hat.

Der Abend fiel deshalb um ca. 15 Minuten kürzer aus als die Wiener Originalversion, die im Januar 2017 im Akademietheater uraufgeführt wurde. Dennoch schleppten sich die verbliebenen anderthalb Stunden recht ermüdend dahin. Dies liegt vor allem am Bauprinzip von Barbara Freys Inszenierung: vier Monologe stehen unverbunden nebeneinander, werden statisch und unter fast völligem Verzicht auf Requisiten von der Rampe ins Publikum gesprochen.

Wenn es so etwas wie einen roten Faden  gibt, dann sind es Unsicherheit und Hass besorgter Bürgerinnen. Am ungefiltertsten geifert Maria Happel als Putzfrau Marusja ihre Schmähungen gegen die „Kakerlaken“, die sich in Österreich breitmachen, in Nino Haratischwilis Beitrag ins Publikum. Elfriede Jelinek legte mit einer ihrer typischen anspielungsreich-kalauernden Textflächen nach, die von Sylvie Rohrer und Frida-Lovisa Hartmann als Chor aus zwei dekadenten Pelzmantel-Schnepfen performt wird.

Einen ganz anderen Weg ging Sofi Oksanen, die mit ihrer blauen Punkfrisur im Herbst 2014 in den Feuilletons präsent war, als Finnland bei der Frankfurter Buchmesse zu Gast war: im Stil politisch engagierten Dokumentartheaters empört sie sich darüber, dass zwielichtige Agenturen aus dem unerfüllten Kinderwunsch westeuropäischer Paare ein Geschäft machen. Sie bieten Reisen in die Ukraine an, wo sie wie aus dem Katalog aus den Eizellen hübscher, nach strengen Kriterien gecasteter Osteuropäerinnen aussuchen dürfen.

Zum Schluss versammeln sich alle Akteurinnen kurz an einer langen Tafel, die an da Vincis Abendmahls-Gemälde erinnert, bevor sich der Vorhang senkt und das Publikum ratlos zurücklässt. Die versammelten Starschauspielerinnen des Burgtheater-Ensembles, die klugen, wortgewaltigen Autorinnen und die Zürcher Intendantin Barbara Frey als erfahrene Regisseurin ließen ein eindrucksvolles Panorama der europäischen Gegenwart erhoffen. Stattdessen erschöpfte sich „Ein europäisches Abendmahl“ in Versatzstücken, die lieblos und unverbunden aneinandergereiht wurden.

Copyright: Georg Soulek/Burgtheater

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