„Ich liege still, bis zum Ende. Ich werde mich nicht bewegen oder aufstehen, mich nicht erbrechen oder würgen, nein, ich werde bei mir behalten, was ich geschluckt habe. Ich werde dir folgen“. Zu diesen letzten Worten lässt Corinna Kirchhoff ihre Tabletten in ein Glas Wasser kippen, bevor auf der Bühne alles Schwarz ist.
Das Kammerspiel über die zerbrochene Frau, die um ihr Kind trauert („Wir haben kein Grab, zu dem wir gehen können. Dein Körper löst sich im Mer auf und wird gefressen“) und ihre Familie verlassen hat, heißt „Nichts von mir“. Der hierzulande noch unbekannte Norweger Arne Lygre hat es mit einer sehr anstrengenden Struktur voller bewusster Uneindeutigkeiten geschrieben.
Ein namenloses „Ich“ und ein „Er“ bevölkern die Bühne, dazu ein „Mensch“ mit drei Identitäten („seine Mutter, meine Mutter und mein Sohn“) und ein „Ex“. Je drei identisch gekleidete Männer und Frauen verschiedener Generationen (die Männer ganz in Schwarz, die Frauen mit kariertem Pulli und blauem Rock) schreiten durch die spartanisch eingerichtete Wohnküche (Bühne: Raimund Orfeo Voigt). Monoton tröpfeln im Hintergrund die minimalistischen Sounds von Mitja Vrhovnik-Smekrar.
Ritualisiert wiederholen sich Handlungen: Männer duschen, Frauen lassen ihre Streichhölzer fallen und qualmen im Wintergarten, dazwischen schwermütige Gespräche am Esstisch. Das Konzept verschwimmender Zeitebenen und Personen ist ebenso verkopft wie ermüdend. Die Schauspielerriege ist zwar erlesen, allen voran mit Corinna Kirchhoff und Judith Engel als zwei Aushängeschildern des neuen Berliner Ensembles und Anne Ratte-Polle als prominentem Gast.
Die knapp achtzig Minuten dieser deutschen Erstaufführung nach der Stockholmer Uraufführung von 2012 lassen mich jedoch sehr kalt. Die klare, auf strenge Formen setzende Handschrift der slowenischen Regisseurin Mateja Koležnik, die mich bei ihrem „König Ödipus“ am Münchner Residenztheater überzeugte, ist auch bei ihrem Berlin-Debüt wiederzuerkennen. Der quälend-schwermütige Plot und die sich an ihrer eigenen Raffinesse berauschenden Ebenen-Verschiebungen machen das Zuschauen anstrengend.
Fazit: „Nichts von mir“ war nichts für mich.
Bilder: Julian Röder