Die schwarze Flotte

Wie hängen Mafiabanden, Drogenhandel, Waffenschmuggel und das Schlepperunwesen zusammen? Dieser Verflechtung spürten die Journalisten von Correctiv (Recherchen für die Gesellschaft) nach.

Anne-Katrin Schulz, Dramaturgin am Schauspiel Dortmund, verdichtete das Material zu einem Monolog für den Schauspieler Andreas Beck, der erst vor kurzem als „Trump“ in Berlin zu erleben war. Die investigative Recherche nach den Netzwerken und Strippenziehern vergleicht er mit dem Anrennen gegen eine Wand, bis sich endlich der Riss auftut und man hinter die Kulissen blicken kann. Später findet er das schöne Bild einer Bowlingkugel: wenn er die Kugel auf ihren Weg schickt, weiß er nie, ob es ein Volltreffer wird, ob sie völlig von der Bahn abkommt oder irgendwo unterwegs langsam auskullert und zum Stillstand kommt.

Der Monolog hat jedoch damit zu kämpfen, dass er im Stil klassischen Frontalunterrichts vorgetragen wird. Der Performer duzt sein Publikum, zur Auflockerung lässt Kay Voges auch viele bunte Videosequenzen und gerne mal einen Ausschnitt aus einem Bond-Klassiker mit Sean Connery einspielen. Ansonsten prasseln hier Namen von Frachtern, Häfen, Reedern und die Zahlen ertrunkener Flüchtlinge im Mittelmeer auf das Publikum ein. „Merkt euch diesen Namen“, mahnt der Schauspieler, ganz so wie früher in der Schule.

Das Überraschende ist, dass das Konzept im Mittelteil dennoch aufgeht. Atemlos und schwitzend hetzt Beck auf den verschiedenen Fährten, ärgert sich über Sackgassen, freut sich über den Scoop eines Praktikanten auf Facebook, der dazu führt, dass wenigstens einigen schwarzen Schafen und Briefkastenfirmen das Handwerk gelegt wird.

Natürlich ist das nur die Spitze des Eisbergs. Wir sind hier nicht in Hollywood, wo der strahlende Held das Böse besiegt und anschließend entweder einsam in den Sonnenuntergang reiten oder seine Braut küssen darf, erinnert uns Andreas Beck. Die größten Teile des Netzwerks bleiben im Dunkeln.

Hier hätte diese Studio-Produktion des Schauspiels Dortmund eigentlich enden können. Stattdessen hebt sie nun voller Empörung den Zeigefinger und wiederholt die allgemein bekannte Tatsache, dass Deutschland im Ranking der Waffenexporteure die Bronzemedaille hat. Außerdem fordert sie uns mit dem Hinweis auf die leitmotivisch durch den Abend geisternde „Lucy“, ein 1974 bei Ausgrabungen entdecktes Australopithecus Afarensis-Skelett an der Schwelle vom Affen zum Menschen, zum „aufrechten Gang“ auf. Einen so platten Schluss hat dieser ansonsten durchaus interessante Abend, der an diesem Wochenende im Kleinen Haus des Berliner Ensembles gastiert, nicht verdient.

Bild: Birgit Hupfeld

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