Make Love Not War

Sie prägte die Inszenierungen von Yael Ronen: mit ihrem schnoddrigen Ton, ihrer „In yer Face“-Rhetorik und gespielter Naivität war Orit Nahmias ein Fixpunkt vieler Gorki-Abende ihrer israelischen Landsfrau.

Seitdem Ronen als Hausregisseurin am Gorki aufhörte und 2023 zurück an die Schaubühne wechselte, wurde es auch still um Nahmias. Glücklicherweise zählt sie zu den Rückkehrerinnen, die zur finalen Spielzeit von Shermin Langhoff mit neuen Arbeiten an der alten Wirkungsstätte zu erleben sind. Langhoff machte in den vergangenen Monaten nie ein Hehl daraus, dass sie verletzt ist, die Intendanz des Gorki im Sommer 2026 abgeben zu müssen. In ihrer letzten Spielzeit geht sie „all in“, zum 7. Berliner Herbstsalon jagt eine Premiere die nächste.

„All in“ geht auch Orit Nahmias. Ganz allein mit nur einer Wasserflasche steht sie auf der Studiobühne des Gorki. Die intime, enge Atmosphäre gleicht tasächlich eher einer Stand-Up-Comedy-Off-Bühne, wie man sie vor allem aus Großbritannien kennt, als einem klassischen Theaterabend. Zu Beginn bleibt die Tür für die letzten Nachzügler offen und Nahmias warnt gleich, dieser Abend ist bestimmt nicht für jeden. Ausdrücklich ist „Make Love Not War“ erst ab 18 und das aus gutem Grund. Völlig „schambefreit“ tritt Nahmias auf, wie Barbara Behrendt in der rbb-Frühkritik treffend feststellte.

Nach der Scheidung von ihrem Mann riet ihr Schauspiel-Kollege Niels Bormann, der im Premieren-Publikum immer wieder von ihr angespielt wird, es auf Tinder zu versuchen. Als „Feuerfotze“ wirft sie sich in die Dating-Welt und ballert eine Anekdote nach der nächsten raus. Ob real erlebt oder einfach gut erfunden, ist gleichgültig: jedenfalls sind die 65 Minuten gespickt mit den unterschiedlichsten Spielarten von BDSM bis Vanilla, mit denen eine Frau Ende 40 auf den einschlägigen Dating-Plattformen konfrontiert wird.

In gewagten dramaturgischen Loopings landet das „Make Love Not War“-Solo immer wieder, vor allem in der Schlusskurve, bei der Politik und natürlich vor allem beim Krieg im Nahen Osten. Nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 habe sie einen Monat nur getrauert, aber auch dann lange keinen Sex gehabt, da sie als Israeli auf der Plattform gemieden wurde. In der nächsten wilden Phantasie träumt sie sich unter dem Pseudonym einer argentinischen Tänzerin in einen One Night-Stand mit einem Hakenkreuz-Tattoo-Nazi hinein und landet doch wieder beim Gaza-Krieg. Auch hier geht sie an die Schmerzgrenze und steuert mehrfach auf die Frage zu: Verübt die Regierung Netanyahu einen Genozid?

„Make Love Not War“ hatte am 10. Oktober 2025 im Studio Я Premiere und ist ein Stand up-Format, das sicher nicht jeden Geschmack trifft, aber vom Publikum viel Applaus bekam.

Bild: Ute Langkafel MAIFOTO

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