Mit insgesamt 14 Filmen ist das Programm der Perspektive Deutsches Kino nun vollständig. Zu den sechs bereits gemeldeten Filmen kommen acht weitere Arbeiten dazu, die erneut den Themen- und Formenreichtum des jüngsten deutschen Films präsentieren.
Da denkt man, man tut einem Kumpel aus dem Knast einen einfachen, familiären Gefallen – und holt sich prompt eine blutige Nase. Der Film Lebendkontrolle von Florian Schewe (Hochschule für Film und Fernsehen, Potsdam-Babelsberg) setzt das Thema für ein Programm mit mittellangen Arbeiten aus drei deutschen Filmhochschulen, die sich im weiteren und doch eigentlichen engen Sinne mit gesellschaftlicher und persönlicher Verantwortung beschäftigen. Und damit, wie diese manchmal gar nicht mehr zu bewältigen ist. Die Narben im Beton werden in dem Film von Juliane Engelmann (Kunsthochschule für Medien, Köln) auf schmerzliche Weise sichtbar gemacht. Es geht um eine junge Mutter in der Mitte des immer größer werdenden Randes, die ihre Kinder mit Liebe allein nicht mehr schützen zu können scheint. Jessi ist schon alt genug, sich selbst zu schützen, obwohl sie noch viel zu jung dazu ist. Ihre familiäre Situation lässt ihr aber keine andere Wahl. Der gleichnamige Film von Mariejosephin Schneider (Deutsche Film- und Fernsehakademie, Berlin) schließt ein Programm ab, dessen Beiträge Schmerzgrenzen überschreiten.
In der Boulevardpresse und der privatrechtlichen Fußballberichterstattung sind die Spielerfrauen mittlerweile unverzichtbar. Im inoffiziellen Sportlerjargon heißen sie nüchtern WAGs (Wives and Girlfriends). In dem Film gleichen Titels von Evi Goldbrunner und Joachim Dollhopf (HFF, Potsdam-Babelsberg) bekommen sie zu ihren üblicherweise gerne gezeigten Gesichtern auch noch Geschichten. Geschichten, von denen ihre Altersgenossinnen nicht einmal etwas ahnen, z.B. wenn sie als Haushaltshilfe aus Polen in einer ziemlich schwäbischen Gastfamilie arbeiten. Anna Hoffmann (Filmakademie Baden-Württemberg) erzählt in Die Haushaltshifle vom Alltag, den Problemen und Sehnsüchten einer jungen Frau weit weg von ihren Wurzeln und ihrer Familie.
Bei diesem Film ist nur der Titel nüchtern: Die Kölner Filmemacherin Carolin Schmitz nennt ihren Dokumentarfilm Porträts deutscher Alkoholiker und liefert genau das. Aber auf eine überraschende, diskrete und dabei sehr spannende Weise.
Hannah Schweier hat vor drei Jahren mit ihrem mittellangen Spielfilm Aufrecht stehen im Programm der Perspektive Deutsches Kino ihr Talent für konsequentes Erzählen offenbart. Mit ihrer ersten abendfüllenden Arbeit Cindy liebt mich nicht unterstreicht sie ihre erzählerische Kondition. Weil zwei Männer nicht nur dieselbe Frau lieben, sondern beide sie auch nicht wirklich kennen, müssen sie sich zusammentun, um sie zu suchen, als sie beiden zu entschwinden droht. Ein Roadmovie der Gefühle mit Clemens Schick und Peter Weiss.
Zum Abschluss des Programms begrüßt die Perspektive Deutsches Kino übrigens einen Gast, der bereits am ersten Abend der ersten Ausgabe der Sektion mit seiner Produktion 99 Euro Films dabei war. Am Publikumstag läuft der neue Spielfilm des Berliner Regisseurs RP Kahl: Bedways erzählt nicht nur vom Filmemachen in Berlin. Der Film erzählt auch davon, wie Filmemacher in Berlin sein können.
Filme Perspektive Deutsches Kino 2010:
Alle meine Väter von Jan Raiber (Dokumentarfilm)
The Boy who wouldn’t kill von Linus de Paoli
Cindy liebt mich nicht von Hannah Schweier
Frauenzimmer von Saara Aila Waasner (Dokumentarfilm)
Glebs Film von Christian Hornung (Dokumentarfilm)
Die Haushaltshilfe von Anna Hoffmann (Dokumentarfilm)
Hollywood Drama von Sergej Moya
Jessi von Mariejosephin Schneider
Lebendkontrolle von Florian Schewe
Narben im Beton von Juliane Engelmann
Portraits deutscher Alkoholiker von Carolin Schmitz (Dokumentarfilm)
Renn, wenn du kannst von Dietrich Brüggemann
WAGs von Joachim Dollhopf und Evi Goldbrunner
Bedways von RP Kahl