Sartre am Gorki: Die Hölle sind immer die Anderen

Am Maxim Gorki Theater wagte sich Felicitas Brucker an das existenzialphilosophische Thesenstück "Geschlossene Gesellschaft", das Jean-Paul Sartre unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs herausbrachte.
Stück für Stück schälen sich die drei Hauptfiguren Inès, Estelle und Garin aus ihren Folien, in denen sie zu Beginn des Abends am Boden kauerten. Offensichtlich sind alle drei tot und haben aus unterschiedlichen Gründen Schuld auf sich geladen. Nach der christlichen Glaubenslehre würde man sie nun in der Hölle oder zumindest im Fegefeuer vermuten.

Zu ihrer Überraschung erwarten sie aber an diesem Ort, wo sie sich gegenseitig ihre Vergehen beichten und Lebensbilanz ziehen, keine heißen Feuer und keine Qualen durch Folterknechte. Alles scheint harmlos, aber doch machen sich die drei Figuren ihre postmortale Existenz gegenseitig zur Hölle. Mit Nadelstichen und Verletzungen pieken sie aufeinander ein, entlocken sich gegenseitig ihre abgründigen Geheimnisse und gieren vergeblich nach Sex oder Anerkennung, bis der jeweils andere zurückweicht.

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