Reiner Kröhnert parodiert: Panoptikum im Mehringhof

Reiner Kröhnerts Gastspiele zählen zu den Höhepunkten im Kreuzberger Mehringhoftheater. Gestern feierte er mit seinem neuen Programm Kröhnerts Kröhnung Berlin-Premiere. Vor sehr gut besuchten Zuschauerreihen gab es diesmal einen wesentlichen Unterschied zu früheren Abenden: Anders als bei Angie goes to Hollywood, Honnis Rache oder Das Jesus-Comeback gab es diesmal keine Rahmenhandlung, sondern eine lose Folge ausgefeilter parodistischer Miniaturen.

Besonders gut imtitiert Reiner Kröhnert zwei ehemalige SPD-Vorsitzende: Hans-Jochen Vogel sieht man fast vor sich, als Kröhnert ihn in einem nostalgischen Plausch mit Genscher auf die gute, alte Zeit kantiger Köpfe zurückblicken lässt und er seinem leicht verwirrten Kollegen, der an den Niebels, Lindners, Röslers und Westerwelles leidet, mit seinen gut sortierten Klarsichthüllen die schmerzlich vermisste Orientierung geben kann.

Alt-Kanzler Schröder tritt mit seinem typischen höhnischen Lachen und den üblichen Sottissen gegen die SPD-Linke auf. In der ihm eigenen Bescheidenheit ist er sich sicher: Ich, der Gas-Gerd, könnte jederzeit wieder Kanzlerkandidat werden. Wenn ich es nur wollte. Die Steinis sind doch nur für die zweite Reihe geeignet.

Talk-Master Michel Friedman palavert mit Rüdiger Safranski vom Philosophischen Quartett und weiteren tragenden Pfeilern des deutschen Bildungsbildürgertums (Mario Basler, Daniela Katzenberger, Boris Becker und Dieter Bohlen) in mehreren Runden über den Sinn des Lebens und ihre Lieblingslektüre. Friedrich Merz träumt von der Bierdeckelrepublik und spricht offen darüber, gemeinsam mit Roland Koch an der Gründung einer neuen Partei rechts der Union zu basteln. Wolfgang Clement ist für den linken Flügel fest eingeplant. Thilo Sarrazin konnte leider noch nicht gewonnen werden, aber Andrea Nahles sei ja nicht mal in der Lage, ihn aus der Partei zu werfen, bemerkt Merz bitter.

Ein besonderer Höhepunkt ist der Besuch von Peter Hintze bei Kanzleramtsminister Pofalla, um den es schon still geworden war, bis er Wolfgang Bosbach unverblümt darlegte, was er von dessen Gesichtszügen, Charakter und überhaupt dem ganzen Grundgesetz halte: Hintze beneidet Pofalla um dessen direkte Nähe zur Kanzlerin. Sie schwärmen von ihren Schweißperlen und ihrem Duft, ergehen sich dabei in den lyrischsten Formulierungen und zeigen so, dass Pofalla auch einen elaborierteren Code beherrscht als spätabends vor Landesvertretungen.

Die Webseite von Reiner Kröhnert

Das Mehringhoftheater

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert