In der Box, der kleinen Experimentierbühne hinter der Bar des Deutschen Theaters, ist in diesen Wochen ein erfrischender Beitrag zur Globalisierungsdebatte zu erleben: Philipp Löhle, ein Nachwuchsdramatiker, der für seine pointierten Stücke bereits mit einigen Preisen ausgezeichnet wurde, zeichnet den "Lebensweg" einer Baumwollfluse nach.
Der gesamte Bühnenraum ist mit den watteartigen Knäueln übersät, nach und nach schälen sich die Schauspieler an die Oberfläche: Olivia Gräser, neben Christoph Franken, das einzige Ensemble-Mitglied des Deutschen Theaters an diesem Abend, spielt mit einer Mischung aus Witz und Naivität die Titelrolle als Das Ding: Mit großen Augen und akrobatischen Einlagen schildert sie den Weg der Baumwollfluse von der Ernte in Südamerika über die Container-Verschiffung nach China, die dortige Verarbeitung in einem Fußballer-Trikot, die durchgeschwitzten Freudentänze auf deutschen Fußball-Plätzen in Amateurligen bis zur Odyssee durch mehrere Müll-Sortieranlagen.
Geschickt verknüpft dieser kurzweilige Text die Reise der Baumwollfluse mit einigen Nebensträngen: Wie beeinflusst die globale Vernetzung der Produktions-, Kommunikations- und Handelswege das Leben des afrikanischen Soja-Bauern Siwa, der frustrierten Romanistin Katrin oder des chinesischen Kleinunternehmers Li?
Die richtige Würze verleihen diesem Abend die Spielfreude und der volle Körpereinsatz der Studenten der renommierten Schauspielschule Ernst Busch: Moritz Peschke trifft den richtigen Ton in verschiedenen Dialekten von Wienerisch bis Schwäbisch und schlüpft in verschiedene kleine Rollen. Aram Tafreshian und Iris Becher bekriegen sich als Ehepaar, zwischen denen wohl nie wirkliche Liebe herrschte. Kilian Ponert wechselt in den verschiedenen Szenen zwischen dem Chinesen Li und dem Afrikaner Siwa hin und her. Pascal Houdus startet als idealistischer Sunnyboy seine Mission als Entwicklungshelfer und findet sich am Ende nackt und gefesselt auf dem Boden der Tatsachen wieder.
Lesenswert ist auch das kurze Interview mit dem Autor Philipp Löhle im Programmheft, wo er beschreibt, wie ihm auf einer Reise nach Südamerika hautnah bewusst wurde, wie sehr die Globalisierung das Leben jedes Einzelnen mittlerweile prägt.
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