Statt des missglückten Demetrius/Hieron-Abends von Stephan Kimmig nahm das Deutsche Theater Berlin kurzfristig den Monolog Judas auf den Spielplan. Johan Simons, der als Noch-Intendant der Münchner Kammerspiele frischen Wind an die Isar brachte, war mit dem Text seiner niederländischen Landsfrau Lot Vekemans schon bei den Autorentheatertagen im Juni in Berlin zu Gast. An diesem Wochenende gab es eine zweite Chance, diese unkonventionelle Theaterarbeit zu erleben.
Das Parkett bleibt bei dieser Inszenierung verwaist, die Zuschauer sitzen auf den Rängen, mit dem Rücken zu ihnen hängt Steven Scharf in unbequemen Positionen, die im Verlauf des Abends an die biblische Kreuzigung erinnern, nackt auf einer Leiter an der kahlen Bühnenwand. Aggressiv ist sein Ton, mit rollendem "r" grollt Judas darüber, dass er seit zwei Jahrtausenden ungerecht behandelt wird und sein Name zum Synonym des Verrats ist. In einigen Kulturen ist es sogar verboten, Söhne nach ihm zu benennen, wie er beklagt.
Der Abend ist ein kompakter Monolog, nach einer knappen Stunde geht das Licht wieder an und Steven Scharf kann sich entspannen. Auch dem Publikum wird an diesem Abend einiges an Konzentration abverlangt, wenn es dem verbalen Schnellfeuer des Schauspielers folgen will, der nicht zuletzt wegen dieser Leistung in der vergangenen Spielzeit vom Fachmagazin Theater heute zum Schauspieler des Jahres gekürt wurde.
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