Ein bedrückendes Historien-Drama ist in diesem Jahr einer der Top-Favoriten vor der Oscar-Verleihung: Steve McQueens 12 years a slave startet diese Woche in den deutschen Kinos und war voran bei einer neuen Kooperation des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) und der Yorck-Kinogruppe zu erleben. Im Herbst gewann er schon den Publikumspreis des Festivals in Toronto, am Wochenende wurde er mit dem Golden Globe als bestes Drama ausgezeichnet.
Dies ist McQueens dritter Film, sein Lieblingsschauspieler Michael Fassbender hat nach dem IRA-Häftling im Hungerstreik (Hunger) und dem Sex-Süchtigen (Shame) wieder eine extreme Rolle übernommen und spielt den sadistischen Sklavenhalter, in dessen Fänge die Hauptfigur Solomon Northup am Ende einer Odyssee gerät. Die Handlung beruht auf einer wahren Begebenheit aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Northrup lebte mit Frau und Kindern ein bürgerliches Leben in New York, bis er in eine Falle gelockt wurde, sich in Ketten in einem Verließ wiederfand und in die Südstaaten als Sklave verkauft wurde. Seine Papiere wurden ihm abgenommen, seine Proteste bleiben fruchtlos, bringen ihm nur blutige Striemen ein.
Der Film hat einige Längen, die Figuren entwickeln sich kaum, umso eindringlicher wird die Brutalität der Sklavenhalter und das Martyrium der Schwarzen in den Südstaaten dargestellt. Viele bekannte Hollywood-Größen haben kleine Rollen (Brad Pitt als Freigeist und Aufklärer, der über die Plantagen zieht, Paul Dano als unberechenbarer Plantagen-Aufseher), die stärkste Leistung bietet der noch weniger bekannte Brite Chiwetel Ejiofor in der Hauptrolle des Solomon Northup.
Die Süddeutsche Zeitung und die FAZ arbeiteten heraus, dass dieser Film sich wohltuend von vielen anderen amerikanischen Werken zum Thema Sklaverei abhebt. Auch die Musik von Hans Zimmer trägt dazu bei, dass der Film nicht in Sentimentalität ertrinkt, sondern nüchtern ein Drama um Rassismus und Freiheitsentzug beschreibt. Susan Vahabzadeh attestierte dem Film in der SZ sogar eine "gewisse Kälte".
Mit der Preview von 12 years a slave starteten der VBKI und die Yorck-Gruppe eine neue Kooperation: Drei Mal im Jahr stellen sich Berliner Unternehmen aus der Filmbranche dem Fachpublikum vor, anschließend läuft ein neues Werk auf der Leinwand. Den Auftakt machte die Tobis Film, dessen einprägsames Logo mit dem Hahn, der sein Ei als I-Punkt legt, allgemein bekannt ist. Der Verleih bietet einen bunten Genre-Mix, hat sich seit der Gründung 1971 vor allem auf anspruchsvollere Arthouse-Produktionen wie Brokeback Mountain von Ang Lee, Broken Flowers von Jim Jarmusch oder die Filme von Pedro Almodóvar verlegt.
12 years a slave startet am 16. Januar 2014 in den Kinos.
Nachtrag vom 3. März 2014: 12 years a slave wurde mit 3 Oscars ausgezeichnet: als Bester Film, Lupita Nyong´o als Beste Nebendarstellerin in der Rolle einer Sklavin sowie John Ridley für die beste Drehbuch-Adaption nach der historischen Vorlage.
Pingback: „Slow West“: Filmdebüt nimmt Western-Klischees auseinander › kulturblog @ /e-politik.de/: Kunst und Kultur
Pingback: Doctor Strange – Das Kulturblog