„Wassa Schelesnowa“: Untergang einer Familie am DT trotz Corinna Harfouch

Das Deutsche Theater Berlin hat in dieser Spielzeit eine Affinität zur Endzeitstimmung im russischen Zarenreich vor der Oktober-Revolution 1917: Zum Auftakt der Saison versuchten sich Kuttner/Kühnel an Agonie. Das Spannendste an dieser Inszenierung, die recht schnell wieder aus dem Repertoire verschwand, war der Rechtsstreit mit Brechts Erben um einige Lieder. Kurz vor der Sommerpause bringt nun Hausregisseur Stefan Kimmig Wassa Schelesnowa von Maxim Gorki auf die Bühne. Um es gleich vorweg zu nehmen: Auch dieser Abend konnte nicht so recht überzeugen, im Publikum waren einige Seufzer zu vernehmen und auch Kopfschütteln blieb nicht aus.

An der Hauptdarstellerin Corinna Harfouch lag es nicht, aber auch sie konnte diesen Abend über den Untergang nicht alleine stemmen. Sie steht auf ähnlich verlorenem Posten wie die Figur, die sie verkörpert: Wassa Schelesnowas Firma droht der Bankrott, ihr Mann liegt im Sterben, sie ist nur noch von Waschlappen umgeben. Gereizt tigert Wassa Schelesnowa/Corinna Harfouch über die Bühne – ähnlich genervt von den unfähigen, faulen Kindern, die nur auf das Erbe schielen, wie Harfouch an selber Stelle, als sich Gregor Gysi bei einer Matinee im November 2013 ungewohnt kleinlaut mit der miesen Laune der Schauspielerin abmühte. Keine Haltung, kein Biss, kein Standpunkt! Recht hat sie, als sie das ihrer Sippschaft an den Kopf wirft. Dieser Vorwurf trifft aber leider auch auf Kimmigs Inszenierung zu, die sich knapp zwei Stunden lang mit einigen Längen dahinschleppt und schon zäh beginnt (in den ersten Minuten passiert wenig mehr, als dass Corinna Harfouch einen Apfel in Stücke schneidet und dazu Tee trinkt).

In der zweiten Hälfte des Abends sieht Schelesnowa/Harfouch immer müder aus: Weinkrämpfe, Niedergeschlagenheit, Apathie. Das Ensemble wälzt sich prügelnd auf dem Boden, schreit sich an, erinnert an einen Kindergeburtstag und wirft der Matriarchin vor: Behandele uns nicht wie Kinder, wir sind Erwachsene.

Franziska Machens bringt es als Anna (Wassas Tochter) auf den Punkt: Das ist alles so düster hier. Alle sind nur destruktiv. So nimmt der Untergang der Firma und der Familie zu TripHop-Klängen seinen Lauf. Die meisten Figuren sind aber nur Karikaturen, so dass ihr Schicksal recht gleichgültig hingenommen wird und nicht berührt.

Weitere Informationen und Termine

Die Premiere war am 16. Mai 2014.

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