„The Green Prince“: Sehenswerte Dokumentation über ein Leben zwischen den Fronten des Nahost-Konflikts

Die Lebensgeschichte von Mosab Hassan Youssef klingt so unglaublich, als sei sie einem Roman entsprungen. Er wuchs als Sohn eines Mitgründers der Hamas im palästinensischen Westjordanland auf und wurde nach seiner Verhaftung vom israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet rekrutiert. Als Assistent seines Vaters verriet er unter dem Decknamen The Green Prince poltische Absprachen der Hamas-Führung und Anschlagspläne – ausgerechnet auf dem Höhepunkt der sogenannten zweiten Intifada, als die Hoffnungen auf einen Nahost-Friedensprozess aus den 1990er Jahren in einer neuen Gewaltspirale erstickten.

In seinem spannenden Dokumentarfilm lässt der israelische Regísseur Nadav Schirman die beiden Protagonisten ihre Sicht der Dinge erzählen: neben Mosab Hassan Youssef kommt sein Führungsoffizier Gonen Ben Itzhak ausführlich zu Wort. Mit schnellen Schnitten, einem dramatischen Klangteppich und nachgestellten Aufnahmen schildern sie, wie sich Youssef immer tiefer verstrickte und schließlich den eigenen Vater verriet, der nach der Enttarnung jeglichen Kontakt zu seinem Sohn abbrach. Immer wieder landete Youssef im Gefängnis, um seine Tarnung aufrechtzuerhalten. Heute lebt er in den USA, sein Führungsoffizier wurde vom Dienst suspendiert und lebt als Anwalt in Tel Aviv.

Auch wenn es Regisseur Schirman mit der penetrant eingesetzten Spannungsmusik an manchen Stellen etwas übertreibt und obwohl er bei den Erinnerungen seiner Gesprächspartner noch öfter und entschiedener nachhaken sollte, ist sein dritter Dokumentarfilm ein insgesamt doch gelungenes Werk, das so spannend wie ein Hollywood-Thriller und so psychologisch komplex wie eine griechische Tragödie ist, wie der Guardian rühmte. Bei seiner Weltpremiere in Sundance gewann er zu Beginn des Jahres gleich den Publikumspreis.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung des US-Senats-Berichts über die Verhörmethoden der Geheimdienste bleibt jedoch als negativer Beigeschmack, dass die verschärften Befragungs- und Folterpraktiken beider Konfliktparteien in diesem Film unhinterfragt als geradezu selbstverständlich hingenommen werden.

The Green Prince – Israel, Deutschland, Großbritannien 2014 – 95 Minuten

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