Igor Strawinskys einzige abendfüllende Oper The Rake´s Progress, 1951 uraufgeführt, ist ein anspielungsreicher Stilmix, der sich musikalisch von Barock bis Jazz bedient und sich einen Spaß daraus macht, quer durch die Kulturgeschichte auf andere Opern, die griechische Mythologie und vor allem den Faust anzuspielen.
Das Libretto von William H. Auden schickt seine Hauptfigur Tom Rakewell auf eine – wie der Titel verspricht – wüste Reise. Stephan Rügamer ist die Rolle des draufgängerischen Sunnyboys aber nicht ganz so perfekt auf den Leib geschrieben wie der Premieren-Besetzung Florian Hoffmann. In einem faustischen Pakt mit dem mephistophelischen Nick Shadow (Gidon Saks) macht sich Tom aus der Provinz auf den Weg in das Swinging London.
Regisseur Krzysztof Warlikowski und Małgorzata Szczęśniak, die für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich ist, schicken die beiden auf einen Parcours, der in verqualmten, angesagten Clubs mit ausschweifenden Partys beginnt und im Wahnsinn endet. Der Chor beäugt das Spektakel die gesamte Zeit etwas skeptisch-distanziert vom Rang aus. Ein starker Kontrast zwischen ihrer betont biederen Kleidung und den schrillen Kostümen auf der Bühne!
Nach Mother Goose (Birgit Remmert) kreuzt Baba the Turk (Nicolas Ziélinski) die Wege der beiden Wüstlinge. Tom Rakewell heiratet das bärtige Conchita Wurst-Double, seine Verlobte, die arme Anne (Anna Prohaska), stakst verzweifelt auf der Suche nach ihm im kurzen Rock durch den Dschungel des Nachtlebens. Das Panoptikum wird von Darth Vader, einem Elvis-Imitat und manchen Comic-Figuren bevölkert.
Trotz des großen Aufwandes und dieser bunten Sammlung schräger Charaktere wird man das Gefühl nicht los, dass der Abend nur mit angezogener Handbremse fährt und nicht den Mut hat, dem Trubel seiner durchgeknallten Figuren freien Lauf zu lassen.